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Wie sich Klimarisiken auf Geschäftsmodelle auswirken – 3 Szenarien mit praktischen Tipps

Geschrieben von Johannes Fiegenbaum | 03.07.25 03:19

Klimarisiken sind längst Realität und erfordern von Unternehmen entschlossenes Handeln. Extreme Wetterereignisse, steigende Regulierung und veränderte Marktnachfragen stellen Geschäftsmodelle vor große Herausforderungen. Doch es gibt Lösungen.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Lieferketten: Extremwetter wie Niedrigwasser am Rhein bedrohen Lieferketten. Unternehmen reagieren mit Digitalisierung, alternativen Transportwegen und Notfallplänen.
  • Finanzregulierung: Neue EU-Vorgaben (CSRD, EU-Taxonomie) fordern präzise Klimarisikobewertungen und Berichterstattung. Banken und Versicherer müssen ihre Strategien anpassen.
  • Grüne Produkte: Nachhaltigkeit prägt die Nachfrage. Unternehmen, die auf Recycling, Reparaturservices und transparente Lieferketten setzen, sichern ihre Marktposition.

Euer Vorteil: Mit datenbasierten Entscheidungen und gezielten Maßnahmen könnt ihr Risiken minimieren und neue Chancen nutzen. Jetzt ist der Moment, euer Geschäftsmodell zukunftssicher zu machen.

Szenario 1: Lieferkettenunterbrechungen durch Extremwetter

Das Problem: Lieferketten in Gefahr

Die Auswirkungen extremer Wetterbedingungen auf deutsche Lieferketten sind längst spürbar. Im Sommer 2025 sorgte eine Hitzewelle in Westeuropa für extrem niedrige Wasserstände am Rhein. Dies führte dazu, dass die Kapazität von Frachtschiffen bei Kaub auf etwa 50 % und bei Duisburg sowie Köln auf 40–50 % reduziert wurde. Reedereien reagierten mit Zuschlägen auf die Transportkosten, was die finanziellen Belastungen für Verlader erheblich erhöhte.

Bereits im Jahr 2022 hatten Unternehmen in Deutschland mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Niedrige Wasserstände am Rhein verursachten Versorgungsengpässe und Produktionsprobleme. Harry Seifert, Vorsitzender der Seifert Logistics GmbH, beschrieb die Situation damals so:

„Derzeit ist die wirtschaftliche Lage sehr angespannt … Jeder kämpft ums Überleben, und wir müssen solch unkonventionelle Maßnahmen ergreifen."

Eine aktuelle Studie verdeutlicht das Ausmaß: 67 % der deutschen Transport- und Logistikunternehmen waren bereits von Ressourcenknappheit durch Klimarisiken betroffen. 51 % berichteten von Infrastrukturschäden, und 46 % mussten Versorgungsengpässe aufgrund unterbrochener Lieferketten bewältigen. Diese Herausforderungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf Geschäftsmodelle.

Wie sich das auf Geschäftsmodelle auswirkt

Die Folgen von Lieferkettenunterbrechungen sind weitreichend. Höhere Transportkosten, längere Lieferzeiten und teure Notfallmaßnahmen belasten Unternehmen erheblich.

Christopher Mims, Technologie-Kolumnist beim Wall Street Journal, bringt es auf den Punkt:

„Es zeigt, wie ein Engpass irgendwo in der Lieferkette die Verfügbarkeit kritischer Güter beeinträchtigen kann."

Diese Engpässe zwingen viele Unternehmen, ihre bisherigen Just-in-Time-Strategien zu überdenken und auf kostspieligere Lagerhaltung umzusteigen. Doch die Veränderungen gehen noch weiter. Austin Becker, Experte für maritime Infrastruktur an der University of Rhode Island, warnt:

„Der Klimawandel ist eine langsam voranschreitende Krise, die sehr, sehr lange andauern wird und grundlegende Veränderungen erfordern wird."

Eine Studie aus dem Jahr 2020 prognostiziert sogar:

„Globale Lieferketten werden massiv gestört werden, über das hinaus, was angepasst werden kann, während die aktuellen Systeme beibehalten werden."

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen Unternehmen ihre Strategien grundlegend überarbeiten. Ansätze zur Stärkung der Lieferketten werden im nächsten Abschnitt beleuchtet.

Aufbau widerstandsfähigerer Lieferketten

Deutsche Unternehmen setzen zunehmend auf Maßnahmen, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger zu machen. So investieren 64 % in Digitalisierung, während 24 % bereit sind, 10 % ihres Jahresumsatzes in eine „grüne Transformation" zu investieren. Dr. Steffen Wagner von KPMG erklärt:

„Der Klimawandel betrifft uns alle – und daher auch alle Unternehmen. Das Bewusstsein für die realen Auswirkungen, die Unternehmen auf unsere Umwelt haben, und die damit verbundenen Konsequenzen sollten in jede strategische Entscheidung einfließen, die Unternehmen heute treffen."

Ein Vorbild ist die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC). Das Unternehmen hat in Technologien zur Wasseraufbereitung und -konservierung investiert, um Dürreperioden zu bewältigen. Außerdem wurden Produktionsstandorte diversifiziert, um das Risiko durch Naturkatastrophen in bestimmten Regionen zu minimieren. Deutsche Unternehmen könnten ähnliche Maßnahmen ergreifen, etwa durch die Diversifizierung ihrer Lieferantenbasis und den Einsatz nachhaltiger Technologien.

Intel verfolgt ebenfalls eine klare Strategie. Jackie Sturm, Corporate Vice President of Global Supply Chain Operations bei Intel, betont:

„Ich hoffe, dass wir das Versprechen einer ununterbrochenen Versorgung für unsere Kunden durch strukturelle und operative Verbesserungen, durch mehr Lernen und transparentere Lieferketten sowie durch mehr intrinsische Resilienz in unseren Lieferketten zu einer buchstäblichen Realität machen können."

Zu den konkreten Maßnahmen gehören:

  • Geografische Diversifizierung der Lieferantenbasis: Dadurch werden Abhängigkeiten von einzelnen Regionen reduziert.
  • Integration von Echtzeit-Wetterdaten: Diese Daten können in Logistiksysteme eingebunden werden, um Risiken frühzeitig zu erkennen.
  • Entwicklung alternativer Lieferwege und Transportmodi: Dies bietet mehr Flexibilität bei unvorhergesehenen Ereignissen.

Für deutsche Logistikunternehmen bieten Technologien wie KI-gestützte Prognosetools und IoT-Lösungen besonders bei der Rheinschifffahrt enorme Vorteile. Sie ermöglichen eine proaktive Anpassung der Beschaffungsstrategien.

Ein weiterer wichtiger Baustein sind standardisierte Notfallpläne und alternative Beschaffungsstrategien. Diese bilden die Grundlage für eine klimaresiliente Lieferkette.

Szenario 2: Neue Vorschriften schaffen Risiken für Finanzunternehmen

Das Problem: Komplexe Berichtsregeln

Die EU-Regulierung zur nachhaltigen Finanzierung stellt deutsche Finanzinstitute vor erhebliche Herausforderungen. Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der EU-Taxonomie-Verordnung sind sie verpflichtet, umfassende Klimarisiken zu erfassen und offenzulegen. Dies führt dazu, dass die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland von 550 auf 15.000 ansteigt.

Mark Branson, Präsident der BaFin, beschreibt die Situation treffend:

„Das Umfeld, in dem sich Unternehmen der Finanzbranche bewegen müssen, ist höchst herausfordernd, weil uns für viele Risikotreiber – wie Klimawandel, geopolitische Umbrüche und Quantensprünge im technologischen Fortschritt – relevante historische Erfahrungen fehlen."

Ein großes Problem dabei ist der Mangel an präzisen und aktuellen Daten. Viele Unternehmen verfügen nicht über ausreichende Informationen, etwa zu den Standorten ihrer Kunden oder zu Hochwasserschutzmaßnahmen. Ohne diese Daten wird eine genaue Klimarisikobewertung deutlich erschwert.

Die Dringlichkeit wird durch eine PwC-Umfrage aus dem Jahr 2024 unterstrichen: 72 % der Investoren bewerten das Management von Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen als entscheidenden Faktor für ihre Investitionsentscheidungen. Für Finanzinstitute bedeutet dies, dass sie ihre Berichterstattung grundlegend überarbeiten müssen.

Veränderungen bei Risikomodellen und Geschäftsstrategie

Die neuen Vorschriften wirken sich tiefgreifend auf die Geschäftsmodelle deutscher Finanzunternehmen aus. Banken müssen beispielsweise den Anteil ihrer Finanzierungen oder Investitionen in ökologisch nachhaltige Aktivitäten offenlegen, oft mithilfe spezifischer Kennzahlen wie der Green Asset Ratio (GAR). Gleichzeitig fordert die CSRD, dass Unternehmen darlegen, wie sie von Nachhaltigkeitsrisiken betroffen sind und wie ihre Aktivitäten diese beeinflussen. Dieses Konzept, bekannt als doppelte Wesentlichkeit, stellt eine zentrale Anforderung dar.

Auch die Risikomodelle müssen angepasst werden. Klimastresstests zeigen, dass bei abrupt steigenden CO₂-Preisen die Ausfallwahrscheinlichkeiten (PDs) um bis zu 40 % ansteigen können. Besonders kleinere und weniger diversifizierte Kreditinstitute könnten dadurch stark gefährdet sein.

Eine EU-Analyse zeigt, dass über 70 % der Engagements von EU-Banken auf emissionsintensive Sektoren entfallen, während lediglich 3 % der Vermögenswerte als grün klassifiziert werden. Die möglichen Gesamtverluste durch Klimarisiken werden auf 340 bis 640 Milliarden Euro geschätzt. Diese Zahlen verdeutlichen, wie dringend eine Neuausrichtung der Geschäfts- und Risikostrategien ist.

Erfüllung der Compliance-Anforderungen

Um die Anforderungen der CSRD zu erfüllen, müssen Finanzunternehmen gezielte Maßnahmen ergreifen:

  • Klimarisikoanalyse durchführen: Identifiziert spezifische Risiken und Chancen des Klimawandels und integriert diese systematisch in die Taxonomie-Berichterstattung.
  • Szenariobasierte Stresstests durchführen: Bewertet, wie sich klimabezogene Risiken über verschiedene Zeithorizonte und Szenarien auf das Geschäftsmodell auswirken können .
  • Spezialisierte Tools einsetzen: Plattformen wie das XDI Climate Risk Hub, Moody's Intelligent Risk Platform und S&P Essential Climate Analytics bieten umfassende Analysen und Entscheidungshilfen.

Trotz dieser Ansätze bleiben die Herausforderungen groß. Viele Unternehmen haben Szenarioanalysen noch nicht vollständig umgesetzt und kämpfen mit der Auswahl passender Szenarien, die ihren Geschäftsmodellen gerecht werden. Auch Versicherer stehen vor der Aufgabe, Klimarisiken im Verhältnis zu ihrer Risikobereitschaft zu bewerten und zu überwachen.

Ein positives Beispiel liefert Siemens Healthineers. Das Unternehmen hat sich der Science Based Targets Initiative (SBTi) verpflichtet, um langfristige Klimastrategien zu entwickeln und bis 2030 klimaneutral zu werden [Tracera, 2024].

Mark Branson von der BaFin hebt die Bedeutung eines vorausschauenden Ansatzes hervor:

„Ein vorausschauender Ansatz wird nicht nur die Solvenz von Versicherern und Banken schützen, sondern auch Präventionsmaßnahmen vorantreiben können. Wenn Risiken richtig bewertet werden, ist es wahrscheinlicher, dass sie gemindert werden."

Diese Maßnahmen schaffen die Grundlage, um den kommenden Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.

Szenario 3: Marktnachfrage verschiebt sich zu grünen Produkten

Das Problem: Kunden an wettbewerbsfähige grüne Angebote verlieren

Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr: 60 % der Menschen in Deutschland konsumieren bereits nachhaltig, und 71 % planen, dies noch stärker zu tun. Besonders bemerkenswert ist die steigende Beliebtheit von Second-Hand-Waren, die 67 % der Deutschen aktiv bevorzugen – und das nicht nur wegen des Preises.

Für traditionelle Unternehmen kann diese Entwicklung riskant sein. Ein warnendes Beispiel liefert H&M: 2023 wurde das Unternehmen in Frankreich mit einer Strafe von 750.000 € belegt, weil die „Conscious Collection“ nicht den Nachhaltigkeitsansprüchen entsprach. Solche Vorfälle zeigen, wie schnell Greenwashing-Vorwürfe entstehen und den Ruf einer Marke beschädigen können.

Die Konsequenzen für Unternehmen, die den Nachhaltigkeitswandel ignorieren, sind gravierend. Experten prognostizieren:

„Unternehmen, die nicht nachhaltig agieren, werden langfristig mit steigenden Kosten konfrontiert. Neben steigenden Energie- und CO₂-Kosten ist mit erhöhten Kosten für die Beschaffung von Kapital und gegebenenfalls sogar mit Bußgeldern zu rechnen".

Ein weiteres Hindernis ist die Preisbereitschaft der Verbraucher: Nur 23 % der globalen Käufer sind bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu zahlen – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 35 % im Jahr 2020. Gleichzeitig erschwert die Lebenshaltungskostenkrise für 63 % der Deutschen ein nachhaltiges Konsumverhalten.

Neue Umsatzmöglichkeiten

Trotz der Herausforderungen eröffnen sich auch Chancen. Bereits 2017 gaben Verbraucher in Deutschland etwa 47 Milliarden Euro für „grüne“ Produkte aus, wobei der Marktanteil umweltfreundlicher Produkte in bestimmten Kategorien bei 8,3 % lag.

Besonders vielversprechend ist die Circular Economy. 47 % der Deutschen sehen die Verlängerung von Produktlebenszyklen als eine der wichtigsten Aufgaben für Unternehmen. Dr. Jennifer Hendricks von Mintel betont:

„Deutsche Verbraucher reduzieren die Anzahl der Produkte und Dienstleistungen, die sie kaufen, da viele denken, dass weniger Konsum dabei hilft, den Planeten zu retten. Marken, die unsere Wegwerfkultur mit einem ganzheitlichen Ansatz angehen, zum Beispiel durch die Verlängerung der Produktlebenszyklen oder durch ergänzende Dienstleistungen wie Reparaturen, werden bei den Verbrauchern Anklang finden".

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Anpassung liefert SSP: In Zusammenarbeit mit der DB InfraGO AG wird das Unternehmen bis 2025 insgesamt 40 „Point“-Convenience-Stores an Bahnhöfen in ganz Deutschland eröffnen, darunter in Berlin, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart.

Um diese Potenziale zu nutzen, müssen Unternehmen jedoch ihre Strategien grundlegend überdenken, wie im Folgenden beschrieben.

Schritte zur Wettbewerbsfähigkeit

Wie in den vorherigen Szenarien erfordert auch der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit eine umfassende Neuausrichtung. Unternehmen müssen weg von oberflächlichem „grünen Marketing“ hin zu authentischen Konzepten. Dabei sollten Themen wie Kosten pro Nutzung, Langlebigkeit und ethische Beschaffung im Fokus stehen.

Praktische Maßnahmen für Unternehmen:

  • Nachhaltige Produktentwicklung: Recycling-Programme, Reparaturservices und Wiederverkaufsmodelle bieten echte Mehrwerte. 80 % der Deutschen bevorzugen zudem nachhaltige Verpackungen.
  • Digitale Kanäle nutzen: Digitale Kataloge und Kooperationen mit lokalen Nachhaltigkeits-Influencern können die Glaubwürdigkeit stärken.
  • Transparenz schaffen: Flexible Rückgabemöglichkeiten, Garantien und Einblicke in die Lieferkette erhöhen das Vertrauen der Verbraucher.

Nikolaos Sioulvegas von BearingPoint fasst zusammen:

„Die Ergebnisse unserer Studie zeigen deutlich, dass Verbraucher in Deutschland zunehmend nachhaltige Kaufentscheidungen treffen, mit einem besonderen Anstieg beim Kauf von Second-Hand- und Bio-Produkten".

Um diese Entwicklung erfolgreich zu meistern, braucht es eine klare Strategie, die Klimarisiken und Marktveränderungen berücksichtigt. Dabei kann spezialisierte Beratung eine entscheidende Rolle spielen.

Podcast: Darum sollten Klimarisiken nicht unterschätzt werden

Tools und Methoden für die Anpassung von Geschäftsmodellen

Die vorgestellten Szenarien zeigen klar, dass Unternehmen systematische Ansätze brauchen, um Klimarisiken zu bewerten und ihre Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen. Ohne geeignete Werkzeuge und Methoden bleiben Risiken oft unerkannt, was zu kostspieligen Folgen führen kann. Im Folgenden stellen wir konkrete Ansätze vor, die euch bei der Bewertung und Reduzierung von Klimarisiken unterstützen können.

Methoden zur Klimarisikobewertung

Eine präzise Bewertung von Klimarisiken und -anfälligkeiten bildet die Grundlage für ein wirksames Management physischer Klimarisiken. Für deutsche Unternehmen gewinnt dies durch die EU-Taxonomie zusätzlich an Bedeutung: Wer die Taxonomie-Konformität für bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten erreichen will, muss auch die „Do No Significant Harm“-Anforderungen erfüllen, darunter die Berücksichtigung der Klimaanpassung.

Traditionelle, rückblickende Risikobewertungen reichen dafür nicht mehr aus. Das deutsche Umweltbundesamt bemängelt hier den Mangel an praktischen Leitlinien.

Ein resilienzbasierter Ansatz bietet eine Lösung: Statt zu versuchen, zukünftige Klimarisiken präzise vorherzusagen, sollten Unternehmen verstärkt in die Widerstandsfähigkeit gegenüber einer unsicheren Klimazukunft investieren. Ein Beispiel verdeutlicht dies: 2024 verursachte eine Flut in der Region Valencia in Spanien erhebliche Schäden – ein Ereignis, das auf den meisten Risikobewertungen nicht berücksichtigt wurde.

Praxis-Tipp für deutsche Unternehmen:
Führt eine systematische Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung durch, um die Anforderungen der EU-Taxonomie zu erfüllen. Identifiziert wesentliche Risiken und setzt Maßnahmen um, die wirtschaftlich vertretbar sind. Methoden der Klimaanpassungsökonomie können dabei helfen, das Einsparpotenzial und die Effizienz von Schutzmaßnahmen zu bewerten.

Datenbasierte Entscheidungsfindung

Ein gutes Datenmanagement ist entscheidend, um sowohl physische als auch transitorische Klimarisiken gezielt anzugehen. Dabei könnt ihr auf bestehende Ressourcen wie Finanzdaten, Asset-Management-Aufzeichnungen und operative Kennzahlen zurückgreifen.

Ein verlässlicher, datenbasierter Ansatz ist unverzichtbar. Besonders hilfreich sind hyperlokale Daten, die Bedrohungen nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die nächsten Jahrzehnte sichtbar machen. Diese Informationen ermöglichen es, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Praxisbeispiele zeigen, wie datenbasierte Ansätze erfolgreich umgesetzt werden können:

  • Ein globales Telekommunikationsunternehmen hat das Klimarisikomanagement fest in seine Strategie und Abläufe integriert. Durch Modellierungen konnten klimabezogene Gefahren an wichtigen Standorten über verschiedene Klimaszenarien hinweg analysiert werden – ein entscheidender Schritt für langfristige Risikomanagement-Pläne.
  • Ein weltweit tätiges Energieunternehmen untersuchte die Auswirkungen eines CO₂-Preises auf fast 100 Erzeugungsanlagen und strategische Wachstumsfelder. Ziel war es, Investoren die Stabilität des Transformationsplans zu demonstrieren.

ESG-Berichterstattung und Compliance-Management

Neben der Risikoanalyse gewinnt eine transparente ESG-Berichterstattung immer mehr an Bedeutung. ESG-fokussierte Investitionen werden bis 2026 voraussichtlich 33,9 Billionen US-Dollar erreichen und 21,5 % der verwalteten Vermögenswerte ausmachen. Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Transparente Berichte sind essenziell, um sowohl regulatorische Anforderungen als auch die Erwartungen von Stakeholdern zu erfüllen.

Hier ein Überblick über die wichtigsten ESG-Rahmenwerke für deutsche Unternehmen:

Rahmenwerk Fokus Zielgruppe Besonderheiten
CSRD ESG-Transparenz in der EU EU-Stakeholder Doppelte Wesentlichkeitsperspektive
GRI Breite Nachhaltigkeitsauswirkungen Öffentlichkeit und lokale Gemeinschaften Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsauswirkungen
ISSB Finanzielle Relevanz von Nachhaltigkeit Investoren Integriert SASB- und TCFD-Elemente
SASB Finanziell wesentliche Nachhaltigkeitsfaktoren Investoren Branchenspezifische Standards

Ein Beispiel für regulatorische Entwicklungen:
Im März 2024 verabschiedete die SEC neue Regeln zur Klimaoffenlegung. Diese verpflichten börsennotierte Unternehmen, wesentliche klimabezogene Risiken zu veröffentlichen. Größere Unternehmen müssen zudem ihre Scope-1- und Scope-2-Emissionen offenlegen – die Berichterstattung beginnt mit den Einreichungen für das Geschäftsjahr 2025.

Praktische Schritte für deutsche Unternehmen:
Analysiert, welche ESG-Vorgaben für eure Branche und Region relevant sind. Entwickelt klare Richtlinien, die die Compliance-Anforderungen erfüllen, und setzt messbare Nachhaltigkeitsziele. Nutzt Softwarelösungen, um die ESG-Datenerfassung und -Berichterstattung zu automatisieren.

Die Dringlichkeit dieser Maßnahmen wird durch Zahlen untermauert: 94 % der Führungskräfte fühlen sich unter Druck, ESG-Initiativen zu priorisieren, und 88 % der Kunden zeigen größere Loyalität gegenüber Unternehmen, die ESG-Kriterien erfüllen.

Fazit: Klimaresiliente Geschäftsmodelle entwickeln

Die drei vorgestellten Szenarien machen eines klar: Klimarisiken sind längst Teil des geschäftlichen Alltags und werden in den kommenden Jahren noch stärker zunehmen. Laut Berechnungen der Boston Consulting Group könnten Klimaauswirkungen bis zu 25 % der Unternehmensgewinne schmälern. Diese Zahlen zeigen deutlich, wie dringend Unternehmen handeln müssen. Dabei lassen sich drei zentrale Erkenntnisse ableiten:

Die Kosten, nichts zu tun, übersteigen die Investitionen in Klimaanpassungen bei Weitem. Für Deutschland rechnen Experten bis 2050 mit Klimakosten von bis zu 900 Milliarden Euro durch extreme Wetterereignisse wie Hitze, Dürren und Überschwemmungen. Doch es gibt auch positive Nachrichten: Unternehmen, die in Anpassungsmaßnahmen investieren, erzielen für jeden eingesetzten Dollar Renditen zwischen 2 und 19 US-Dollar. Der grüne Wirtschaftssektor wird zudem von 5 Billionen US-Dollar im Jahr 2024 auf über 14 Billionen US-Dollar bis 2030 anwachsen.

Erstens: Lieferketten, Umsatzströme und Geschäftsmodelle sollten diversifiziert werden, um Störungen besser abzufedern. Ein Beispiel dafür liefert das Energieunternehmen E.ON, das nach den Überschwemmungen im Ahrtal 2021 seinen Ansatz für die Netzinfrastruktur angepasst hat und nun verstärkt auf höher gelegene Standorte setzt.

Zweitens: Regulatorische Anforderungen können zum Wettbewerbsvorteil werden. Deutsche Unternehmen, die frühzeitig in ESG-Berichterstattung und Klimarisikomanagement investieren, verschaffen sich eine bessere Ausgangsposition für kommende gesetzliche Vorgaben.

Drittens: Die Erwartungen der Kunden treiben den Wandel voran. In Deutschland berichten bereits 45 % der Unternehmen von einer veränderten Nachfrage, die auf Klimarisiken zurückzuführen ist.

Der Handlungsdruck ist unübersehbar. Pedro Gomez, Leiter Klima beim Weltwirtschaftsforum, bringt es auf den Punkt:

„Climate risks are escalating, and the window to act is closing fast."

Unternehmen in besonders gefährdeten Branchen könnten bis 2050 allein durch physische Klimarisiken 5–25 % ihres EBITDA verlieren.

Die Zeit zu handeln ist jetzt. Investitionen von etwa 3 % des kumulierten globalen BIP in Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen könnten helfen, weltweite BIP-Verluste von 10–15 % in diesem Jahrhundert zu vermeiden. Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Wer heute aktiv wird, sichert nicht nur seine Existenz, sondern legt den Grundstein für nachhaltiges Wachstum in einer klimatisch veränderten Welt.

FAQs

Wie können Unternehmen ihre Lieferketten besser gegen Klimarisiken absichern?

Um Lieferketten widerstandsfähiger gegenüber Klimarisiken zu machen, solltet ihr auf eine regelmäßige Risikoanalyse setzen. So lassen sich Schwachstellen frühzeitig erkennen und gezielt angehen. Auch eine Diversifizierung der Lieferanten sowie die verstärkte Nutzung von nachhaltigen und klimafreundlichen Rohstoffen tragen dazu bei, mögliche Risiken zu minimieren.

Gleichzeitig ist die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, wie dem deutschen Lieferkettengesetz, unerlässlich. Dieses Gesetz verpflichtet Unternehmen, Umwelt- und Menschenrechtsstandards entlang der gesamten Lieferkette sicherzustellen. Darüber hinaus können Investitionen in moderne Technologien und die Unterstützung lokaler Lieferanten helfen, Abhängigkeiten zu reduzieren und die Transparenz zu erhöhen – ein entscheidender Schritt hin zu einer robusteren Lieferkette.

Mit diesen gezielten Maßnahmen könnt ihr nicht nur Risiken effektiv senken, sondern euch auch langfristig Wettbewerbsvorteile sichern.

Welche Schritte sollten Finanzunternehmen unternehmen, um die EU-Vorgaben zur Klimarisikoberichterstattung ab 2025 zu erfüllen?

Anforderungen der EU zur Klimarisikoberichterstattung ab 2025

Ab dem Jahr 2025 stehen Finanzunternehmen vor der Aufgabe, die neuen EU-Vorgaben zur Klimarisikoberichterstattung umzusetzen. Das bedeutet, dass Klimarisiken in bestehende Risikomodelle integriert werden müssen. Gleichzeitig sind detaillierte Berichte zu erstellen, die den festgelegten Transparenzvorgaben entsprechen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sicherstellung, dass Investitionen den Kriterien der Nachhaltigkeit gerecht werden und regelmäßig überprüft werden.

Effektives Management von ESG-Risiken

Die Bedeutung eines gut organisierten Managements von ESG-Risiken (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) kann nicht unterschätzt werden. Finanzinstitute sollten ihre internen Prozesse und Systeme so gestalten, dass sie den neuen regulatorischen Anforderungen gerecht werden. Dabei ist es wichtig, flexibel auf künftige Änderungen reagieren zu können. Eine frühzeitige Vorbereitung und strategische Anpassung sind entscheidend, um Risiken zu reduzieren und gleichzeitig neue Chancen zu erkennen und zu nutzen.

Wie können Unternehmen die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten nutzen, ohne Greenwashing-Vorwürfe zu riskieren?

Unternehmen können die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten erfolgreich bedienen, wenn sie auf Ehrlichkeit, Transparenz und überprüfbare Fakten setzen. Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland schätzen klare, nachvollziehbare Informationen und legen großen Wert auf Belege für nachhaltige Praktiken. Deshalb sollten Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsstrategie offen darlegen und mit konkreten, nachvollziehbaren Daten untermauern.

Um den Verdacht von Greenwashing zu vermeiden, ist es wichtig, keine unklaren oder irreführenden Aussagen zu machen. Stattdessen können Unternehmen folgende Ansätze verfolgen:

  • Zertifizierungen und Standards: Nutzen von anerkannten Systemen wie dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK), um Nachhaltigkeitsmaßnahmen glaubwürdig zu belegen.
  • Messbare Ziele setzen: Klare, erreichbare Ziele formulieren und regelmäßig über Fortschritte berichten.
  • Transparenz in der Wertschöpfungskette: Offenlegen, wie Nachhaltigkeitsaspekte in alle Prozesse und Abläufe integriert werden.

Mit einer offenen und ehrlichen Kommunikation können Unternehmen nicht nur Vertrauen schaffen, sondern auch langfristig von der steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Produkten profitieren.