Klimarisiken und Rohstoffmärkte sind eng miteinander verknüpft – und ihr Einfluss wächst. Dürren, Hitzewellen und andere Extremwetterereignisse führen nicht nur zu Ernteausfällen, sondern verschärfen auch Preisschwankungen durch Spekulationen auf den Märkten. Zwischen 1980 und 2023 stiegen die klimabedingten wirtschaftlichen Verluste in der EU von 8,5 Mrd. € jährlich auf 44,5 Mrd. € (2020–2023). Gleichzeitig bleiben 80 % der Schäden unversichert.
Nachhaltigkeitsmanager stehen vor der Aufgabe, diese Risiken zu analysieren und in ESG-Strategien einzubinden. Physische Schäden, Übergangsrisiken und neue Regulierungen wie die EU-Taxonomie oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfordern vorausschauende Maßnahmen. Beispiele wie die Dürre-bedingte Reduktion der Olivenölproduktion in der EU oder Niedrigwasser am Rhein zeigen, wie wichtig eine klimaresiliente Planung ist.
Was ihr wissen solltet:
Die Integration von Klimarisiken in eure Strategien ist nicht nur rechtlich notwendig, sondern schützt auch vor langfristigen wirtschaftlichen Schäden. Jetzt ist der Moment, Maßnahmen zu ergreifen und eure Lieferketten widerstandsfähiger zu gestalten.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Rohstoffmärkte lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen. Jede dieser Kategorien bringt spezifische Herausforderungen mit sich, die Nachhaltigkeitsmanager bewältigen müssen. Deutsche Unternehmen stehen dabei vor der Aufgabe, sowohl nationale als auch europäische Vorschriften im Rahmen der ESG-Regulierungsagenda der EU zu erfüllen. Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf diese Risiken und ihre Auswirkungen.
Physische Klimarisiken beziehen sich auf direkte Folgen von Klimaereignissen wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen oder Wasserknappheit, die die Rohstoffproduktion beeinträchtigen können. Diese Risiken führen oft zu Produktionsausfällen und unterbrochenen Lieferketten. Deutschland verliert seit dem Jahr 2000 jährlich 2,5 Kubikkilometer Wasser und gehört damit weltweit zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust.
Übergangsrisiken entstehen durch den Wandel hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle anpassen, neue Technologien einführen und auf veränderte Verbraucherwünsche sowie strengere Umweltstandards reagieren. Besonders rohstoffintensive Branchen stehen hier unter Druck.
Regulierungsrisiken resultieren aus den Anforderungen neuer Gesetze und Vorschriften. In Deutschland sind vor allem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die EU-Taxonomie-Verordnung und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz von Bedeutung. Zudem steigen die Erwartungen der Stakeholder an die ESG-Performance, was zu einem stärkeren Fokus auf verbindliche Regelungen führt.
Die physische Bedrohung durch Klimaereignisse wirkt sich längst auf die Dynamik der Rohstoffmärkte aus. Zwischen 2000 und 2021 verursachten klimabedingte Schäden in Deutschland Kosten von mindestens 145 Milliarden Euro. Prognosen zufolge könnten diese bis 2050 auf 900 Milliarden Euro ansteigen.
In der Landwirtschaft zeigt sich die Dramatik dieser Entwicklung besonders deutlich. Im Jahr 2020 starben 20-mal mehr Fichten als im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019. Grund dafür waren Trockenstress und Schädlingsbefall. Auch der Weinbau ist betroffen: In den südwestdeutschen Anbaugebieten sank die Eisweinproduktion 2019 fast auf null, da es nicht ausreichend kalte Tage gab.
„Die Folgen der Klimakrise nehmen rapide zu. Der aktuelle Monitoringbericht macht dies überdeutlich. Immer mehr Stürme, Starkregen, Dürren und Hitzewellen wirken sich auf die Gesundheit der Menschen, die Ökosysteme und die Wirtschaft aus." – Steffi Lemke, Bundesumweltministerin
Ohne Gegenmaßnahmen wird erwartet, dass bis 2050 die hochwassergefährdete Bevölkerung um 466 % ansteigt. Gleichzeitig könnten Hitzewellen um 80 % häufiger auftreten. Die Bedeutung von Bewässerungssystemen wächst: 2022 verfügten 6,8 % der landwirtschaftlichen Betriebe über Bewässerungsanlagen, und die bewässerte Fläche stieg zwischen 2009 und 2020 um 24 %.
Nachhaltigkeitsmanager in Deutschland müssen sich in einem komplexen Regelwerk aus nationalen und europäischen Vorgaben zurechtfinden. Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) etwa verbietet den Verkauf von Produkten, die mit Entwaldung in Verbindung stehen. Unternehmen sind verpflichtet, bei Rohstoffen wie Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk besondere Sorgfalt walten zu lassen. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird voraussichtlich an die EU-Richtlinie zur Unternehmenssorgfaltspflicht (CSDDD) angepasst.
Auch die BaFin, die Deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, warnt vor Risiken durch den Klimawandel, geopolitische Unsicherheiten und wirtschaftliche Schwächen. Besonders Übergangsrisiken, wie unvorhersehbare Kosten beim Wechsel zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, stehen im Fokus.
Ein Beispiel für die Umsetzung solcher Anforderungen liefert Siemens Healthineers. Das Unternehmen hat sich unter der Science Based Targets Initiative (SBTi) verpflichtet, bis 2030 klimaneutral zu werden, und nutzt diese Ziele, um langfristige Strategien zu entwickeln.
„Da die europäischen Bürger die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend spüren, erwarten sie von Europa zu handeln. Industrie und Investoren erwarten von uns, eine vorhersagbare Richtung vorzugeben. Heute zeigen wir, dass wir fest zu unserem Engagement stehen, die europäische Wirtschaft bis 2050 zu dekarbonisieren. Das Ziel ist klar, der Weg ist pragmatisch und realistisch." – Ursula von der Leyen, Kommissionspräsidentin
Die EU strebt eine Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen um 90 % bis 2040 im Vergleich zu 1990 an. Diese ehrgeizigen Ziele erfordern von Unternehmen im Rohstoffsektor eine grundlegende Neuausrichtung ihrer Strategien.
Eine präzise Analyse und eine gezielte Methodik sind entscheidend, um klimabedingte Risiken bei Rohstoffen zu bewerten. Der globale Markt für Klimarisikomanagement wird laut Prognosen von 8,72 Mrd. USD im Jahr 2025 auf beeindruckende 104,8 Mrd. USD im Jahr 2035 anwachsen – das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 28,23 %. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf wichtige Frameworks und Tools, die dabei unterstützen.
Ein zentrales Werkzeug in der Klimarisikobewertung sind Impact Chains (ICs). Sie veranschaulichen die Zusammenhänge zwischen klimatischen Gefahren, den betroffenen Elementen, deren Anfälligkeit und den daraus resultierenden Auswirkungen. Durch die Kombination von partizipativen Ansätzen mit semi-quantitativen Risikomatrix-Methoden können Analysen auf verschiedenen Ebenen – von national bis lokal – mit wirtschaftlichen Bewertungen verknüpft werden.
Die Wertschöpfungskettenanalyse hilft dabei, jene Bereiche eines Unternehmens zu identifizieren, die am meisten zur Gewinnmarge beitragen. Sie zeigt zudem auf, wo Klimarisiken die größten finanziellen Auswirkungen haben könnten. Während quantitative Methoden detaillierte, datenbasierte Einblicke liefern, ergänzen qualitative Ansätze diese durch Expertenbewertungen.
Solche Methoden sind besonders wichtig, um Unterbrechungen in Lieferketten zu bewerten, die durch Dürren oder extreme Hitzeperioden verursacht werden. Ein Beispiel hierfür: 2018 führte Niedrigwasser am Rhein zu einem Rückgang des deutschen BIP um 0,2 %. Die wirtschaftlichen Schäden beliefen sich auf 2,4 Mrd. € in Deutschland und 295 Mio. € in den Niederlanden. Diese Ereignisse veranlassten das BMVI, einen Acht-Punkte-Aktionsplan zur Sicherung des Güterverkehrs auf dem Rhein zu entwickeln.
Risikokategorie | Wahrscheinlichkeit (1–5) | Finanzielle Auswirkung (1–5) | Risiko-Score | Prioritätsstufe |
---|---|---|---|---|
Küstenüberschwemmung | 4 | 5 | 20 | Hoch |
Waldbrandgefahr | 3 | 5 | 15 | Mittel-Hoch |
Extremhitze | 5 | 2 | 10 | Mittel |
Schwere Stürme | 3 | 3 | 9 | Mittel |
Dürrebedingungen | 2 | 1 | 2 | Niedrig |
Die genannten Methoden lassen sich nahtlos in bestehende ESG- und Risikomanagementsysteme einbinden. Mark Branson, Präsident der BaFin, hebt hervor:
„Das Umfeld, in dem sich Unternehmen des Finanzsektors bewegen müssen, ist höchst herausfordernd, weil uns für viele Risikotreiber – wie Klimawandel, geopolitische Umbrüche und Technologiesprünge – relevante historische Erfahrungen fehlen. Umso wichtiger ist es für Unternehmen des Finanzsektors, in Szenarien zu denken, Risiken klug zu steuern und sich mit gut gefüllten Kapital- und Liquiditätspuffern auf potenzielle Schocks vorzubereiten".
Die ab 2025 geltende EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) verpflichtet Unternehmen zu detaillierten klimabezogenen Offenlegungen, die etwa 40 % der Weltwirtschaft betreffen. Unternehmen müssen ihre Netto-Null-Ziele in ihre Betriebsabläufe integrieren, um Übergangsrisiken zu minimieren.
Einige Praxisbeispiele zeigen, wie Unternehmen diese Herausforderungen angehen: Zurich Insurance nutzte 2024 Microsoft Azure-basierte Plattformen für Echtzeitdatenanalysen und präzise Risikomodellierungen. Shell konzentriert sich in seiner Energiewende-Strategie 2025 auf Kohlenstoffmarkt-Exposure, während BP mit seiner Klimaresilienz-Roadmap fortschrittliche Szenarioanalyse-Tools einsetzt.
Fiegenbaum Solutions unterstützt Unternehmen dabei, Klimarisiken systematisch zu bewerten und zu managen. Die Beratungsleistungen von Johannes Fiegenbaum sind speziell auf die Bedürfnisse von Rohstoffunternehmen zugeschnitten und bieten maßgeschneiderte Lösungen für Klimarisikobewertungen und Resilienzplanungen.
Das Angebot umfasst Lebenszyklusanalysen (LCA), die klimabedingte Risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifizieren. Mit Impact-Modellierungen und Szenarioanalysen erhalten Unternehmen fundierte Einblicke in verschiedene Klimaszenarien und deren potenzielle Auswirkungen auf Rohstoffpreise und Lieferketten.
Fiegenbaum Solutions bietet flexible Modelle – von projektbasierten Ansätzen bis hin zur kontinuierlichen strategischen Beratung. Besonders Start-ups im Rohstoffsektor profitieren von attraktiven Konditionen, um klimaresiliente Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Ein zentraler Bestandteil des Ansatzes ist die datengetriebene Entscheidungsfindung. KI-gestützte Lösungen ermöglichen es, klimabezogene Bedrohungen zu analysieren, anschaulich darzustellen und gezielt darauf zu reagieren. Software-Lösungen dominieren den Markt mit einem Anteil von 60,17 %, dicht gefolgt von Cloud-basierten Systemen mit 49,79 %.
Die Zusammenarbeit beginnt mit einem kostenlosen Beratungsgespräch. Darauf folgt ein detaillierter Vorschlag mit klar definiertem Arbeitsumfang, Zeitplan und transparenter Gebührenstruktur. So können Nachhaltigkeitsmanager fundierte Entscheidungen treffen und regulatorische Vorgaben wie die CSRD oder die EU-Taxonomie erfolgreich umsetzen.
Die zunehmenden Klimarisiken machen deutlich, dass Unternehmen proaktive Strategien benötigen, um ihre Rohstoffversorgung zu sichern und langfristig wirtschaftlich zu bleiben. Extremwetterereignisse stellen dabei eine der größten Gefahren dar, die globale Krisen auslösen können. Aufbauend auf den zuvor beschriebenen Bewertungsansätzen zeigen wir hier Maßnahmen, die Unternehmen helfen, klimabedingte Risiken gezielt zu managen.
Eine widerstandsfähige Lieferkette beginnt mit der Diversifizierung von Bezugsquellen und Transportwegen. Derzeit fehlt jedoch 82 % der Unternehmen die vollständige Transparenz über ihre Lieferketten und Logistikprozesse. Dieses Defizit macht sie besonders anfällig für klimabedingte Unterbrechungen.
Durch Supply Chain Mapping können Unternehmen kritische Schwachstellen identifizieren, die ihre Produktion gefährden könnten. Angesichts eines weltweiten Anstiegs von Hochwasserkatastrophen um 181 % seit den 1980er Jahren wird es immer wichtiger, Lieferanten in gefährdeten Regionen zu erkennen und alternative Bezugsquellen aufzubauen.
Die lokale Beschaffung bietet hier eine zusätzliche Lösung: Sie erhöht die Flexibilität, verbessert die Qualitätskontrolle und reduziert die Abhängigkeit von langen Transportwegen, die durch Extremwetterereignisse beeinträchtigt werden könnten. Gleichzeitig können Unternehmen ihre Lieferanten in Dekarbonisierungsstrategien einbinden. Schneider Electric hat beispielsweise bis zum dritten Quartal 2023 bereits 1.015 Lieferanten in das Zero Carbon Project integriert. Diese Lieferanten konnten ihre CO₂-Emissionen seit dem Start des Programms 2021 im Durchschnitt um 24 % senken.
Erfolgreiche Partnerschaften zeigen, wie effektiv solche Ansätze sein können. ZF hat einen 7-jährigen Vertrag mit H2 Green Steel abgeschlossen, der ab 2026 jährlich 250.000 Tonnen grünen Stahl liefern wird – etwa 10 % des jährlichen Stahlbedarfs von ZF. Dadurch sollen die CO₂-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren um 2,3 Millionen Tonnen reduziert werden.
Die Kreislaufwirtschaft bietet einen systematischen Ansatz, um Risiken zu mindern und die Abhängigkeit von schwankenden Rohstoffmärkten zu verringern. Ohne neue Maßnahmen wird sich der globale Materialverbrauch von 79 Gigatonnen im Jahr 2011 auf 167 Gigatonnen im Jahr 2060 mehr als verdoppeln. Ein kreislauforientierter Ansatz könnte jedoch die CO₂-Emissionen in Europa bis 2030 um bis zu 50 % senken.
Recycelte Materialien können die Abhängigkeit von volatilen Rohstoffpreisen deutlich verringern. Schätzungen zufolge könnte die Kreislaufwirtschaft bis 2030 den Verbrauch von Primärmaterialien um 32 % reduzieren.
Praktische Beispiele unterstreichen die Vorteile: Apple setzt mit dem Recycling-Roboter Daisy auf die Wiederverwertung von Materialien aus alten iPhones. Dell hat ein geschlossenes Recyclingsystem für Kunststoffe aus alten Computern entwickelt. Inditex plant, ab 2024 30 % seines Produktionsvolumens aus Infinited Fiber zu beziehen – Textilfasern, die vollständig aus Textilabfällen hergestellt werden. Der Vertrag hat ein Volumen von über 100 Millionen Euro.
Digitale Technologien eröffnen neue Möglichkeiten, um Klimarisiken in Lieferketten zu managen. KI-gestützte Analysen helfen Unternehmen, Risiken frühzeitig zu erkennen und die Resilienz ihrer Lieferketten zu stärken. Die Kombination aus Künstlicher Intelligenz und Blockchain sorgt zudem für mehr Transparenz und ermöglicht verlässliche Aufzeichnungen.
Satellitenüberwachung in Verbindung mit KI-Analysen bietet zusätzliche Einblicke in die ersten Glieder der Lieferkette. Diese Technologien gewinnen angesichts neuester Temperaturrekorde und der eskalierenden Klimakrise immer mehr an Bedeutung.
Ein konkretes Beispiel liefert der Landwirtschaftsbetrieb Royal Family Farming in Washington State. Durch den Einsatz von Blockchain und KI konnten die Verifizierungsprozesse für Methanreduktionsprojekte von über zwei Jahren auf nur wenige Wochen verkürzt werden.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Xpansiv und Vyzrd zeigt, wie Datenintegration das Klimarisikomanagement stärken kann. Xpansiv unterstützt mehr als 80 % der weltweit ausgegebenen Kohlenstoffzertifikate. Sunil Rana, CEO von Vyzrd, erklärt:
„Vyzrds Gen-AI-fähige Plattform ermöglicht es Unternehmen, mit umsetzbaren Erkenntnissen zu handeln, die Klima-, Branchen- und Unternehmens-Nachhaltigkeits- sowie Fundamentaldaten kombinieren".
Echtzeitüberwachung und Frühwarnsysteme geben Unternehmen die Möglichkeit, schnell auf klimabedingte Risiken zu reagieren. Studien zeigen, dass Unternehmen, die ihre Lieferkettenrisiken proaktiv managen, einen deutlichen Wettbewerbsvorteil erzielen können.
Zusätzlich treiben regulatorische Anforderungen die Notwendigkeit robuster Datenplattformen voran. Mehr als 30 Länder, die über 60 % des globalen BIP ausmachen, haben bereits verpflichtende klimabezogene Finanzberichterstattung für Unternehmen und Finanzinstitute eingeführt.
Deutsche Unternehmen begegnen klimabedingten Risiken im Rohstoffsektor mit gezielten und koordinierten Ansätzen. Ein beeindruckendes Beispiel ist die Zusammenarbeit zwischen Essity, der Stadt Mannheim und regionalen Akteuren, die gemeinsam die „Risiken negativer Auswirkungen von längeren Dürreperioden und Niedrigwasser des Rheins auf Infrastruktur, Logistik und Bevölkerung in der Metropolregion Mannheim“ bewertet haben. Essity setzte dabei auf sogenannte Climate Impact Chains, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Klimaereignissen und der Geschäftstätigkeit zu analysieren. Dieser Ansatz ist besonders relevant, da der Rhein eine zentrale Rolle als Transportweg für Rohstoffe spielt.
Der Sommer 2018 verdeutlichte die Dringlichkeit solcher Analysen: Aufgrund des Niederschlagsmangels sank das deutsche BIP um 0,2 %, und die wirtschaftlichen Schäden beliefen sich auf 2,4 Milliarden Euro. Diese Fallstudien schaffen die Grundlage für ein systematisches Risikomanagement, das im Folgenden detailliert beschrieben wird.
Ein strukturiertes Risikomanagement beginnt mit der Identifikation von Risiken. Dabei werden menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken an den Standorten und in den Geschäftsbereichen eines Unternehmens erfasst. Darauf folgt eine detaillierte Risikoanalyse, bei der die Risiken anhand ihrer Relevanz, Schwere, Schadenswahrscheinlichkeit und dem Einfluss des Unternehmens bewertet werden. Diese Methode ist speziell auf die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) abgestimmt.
„Ein vorausschauender Ansatz wird nicht nur die Zahlungsfähigkeit von Versicherern und Banken sichern, sondern auch präventive Maßnahmen vorantreiben. Wenn Risiken richtig bepreist werden, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie gemindert werden.“ – Mark Branson, Präsident der BaFin
Im nächsten Schritt werden gezielte Maßnahmen zur Risikominderung entwickelt, wobei stets wirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Diese strukturierte Herangehensweise erleichtert die Integration in ESG-Maßnahmen und stärkt die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegenüber künftigen Klimaunsicherheiten.
Die aus den Fallstudien gewonnenen Erkenntnisse lassen sich auf verschiedene Branchen übertragen. Hier einige zentrale Strategien zur Risikominderung:
Welche Strategie am besten passt, hängt von der jeweiligen Branche, der Unternehmensgröße und den spezifischen Abhängigkeiten von Rohstoffen ab. Diese Maßnahmen sind ein zentraler Bestandteil einer langfristigen ESG-Planung. Fiegenbaum Solutions unterstützt Unternehmen dabei, die richtige Kombination aus diesen Ansätzen zu finden und erfolgreich umzusetzen.
Wie bereits in den vorherigen Abschnitten erläutert, ist es jetzt an der Zeit, zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln. Angesichts klimabedingter Risiken ist ein koordinierter und vorausschauender Ansatz unerlässlich. Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, dass selbst in einem optimistischen Szenario mit niedrigen Emissionen bis 2050 alle Rohstoffe durch Hitzestress, Dürre oder beides höheren Risiken ausgesetzt sein werden. Diese Entwicklung erfordert eine grundlegende Neuausrichtung der Strategien im Risikomanagement.
Statt auf präzise Prognosen zu setzen, sollten Unternehmen stärker in die Stärkung ihrer Resilienz investieren. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hebt hervor:
„Traditional backward-looking risk assessments and existing climate-economic models cannot anticipate accurately enough the form that climate-related risks will take."
Ein erster Schritt ist die detaillierte Kartierung der gesamten Wertschöpfungskette, um Materialquellen und Lebenszyklen besser zu verstehen. Dies ist besonders wichtig, da sich die Strategien für kritische Mineralien – die oft importiert werden – von denen für lebenswichtige Metalle und Nahrungsmittel unterscheiden, die häufig im Inland produziert werden.
Darüber hinaus können bestehende Strukturen und internes Know-how genutzt werden, um Sorgfaltspflichten effizient umzusetzen und gleichzeitig Kosten zu senken. Branchenübergreifende Initiativen zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards bieten hier die Möglichkeit, Kosten zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.
Technologische Fortschritte und neue regulatorische Vorgaben prägen die Zukunft des Klimarisikomanagements. Diese Entwicklungen bauen auf den etablierten ESG-Strategien auf und eröffnen neue Möglichkeiten für präzisere Analysen und Bewertungen.
Die Digitalisierung des Risikomanagements schreitet durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Blockchain-Technologien voran. Prognosen zeigen, dass der CTRM-Softwaremarkt (Commodity Trading and Risk Management) von 156 Millionen USD im Jahr 2024 auf 266,04 Millionen USD bis 2032 wachsen wird – mit einer jährlichen Wachstumsrate von 6,9 %. Europa nimmt dabei einen Anteil von 28 % ein.
Ein herausragendes Beispiel ist das Projekt Gaia der BIZ und des Eurosystems, das generative KI nutzt, um große unstrukturierte Datensätze für Klimarisikobewertungen zu analysieren. Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, beschreibt den Ansatz:
„Project Gaia makes assessing climate risk more transparent and efficient, as it uses generative AI to decipher vast unstructured data sets. If realised, Gaia has the potential to be a powerful tool for central banks in their comprehensive approach to assessing economic reality and risks."
Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, betont die Bedeutung von Datenanalyse:
„In today's data-driven world, the challenge isn't just gathering information; it's making sense of it. Gaia tackles this challenge, transforming unstructured data into actionable insights. By leveraging large language models, Gaia empowers central banks to better navigate the complexities of sustainability reporting."
Auch auf regulatorischer Ebene sind wichtige Entwicklungen zu beobachten. So hat Italien im Januar 2025 eine Versicherungspflicht gegen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Waldbrände für alle Unternehmen eingeführt. Gleichzeitig strebt die EU mit ihrem Omnibus-Vereinfachungspaket eine Senkung der jährlichen Verwaltungskosten um 6,3 Milliarden Euro an. Zusätzlich eröffnet die Industrial Decarbonisation Bank mit einem Finanzierungsziel von 100 Milliarden Euro neue Investitionsmöglichkeiten.
In Deutschland nimmt die Zahl der Klimaklagen zu, da NGOs diese zunehmend als strategisches Druckmittel einsetzen. Gleichzeitig zeigt eine Umfrage, dass 71,4 % der deutschen Unternehmen politische Unsicherheiten als Hemmnis für ihr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit sehen. Jakob Kunzlmann, ein Experte für Nachhaltigkeit, warnt:
„Without planning certainty, the transformation of the economy will get stuck halfway."
Auf der positiven Seite haben mittlerweile fast 91 % der deutschen Unternehmen zumindest die Grundlagen ihres CO₂-Fußabdrucks erfasst, und knapp 60 % dokumentieren ihre Emissionen bis hin zu Scope 3. Diese Datenbasis ist entscheidend, um den zukünftigen Herausforderungen im Klimarisikomanagement gewachsen zu sein.
Nachhaltigkeitsmanager sollten Klimarisiken gezielt in ihre ESG-Strategien einbinden. Dazu gehört eine gründliche Analyse, die sowohl physische Risiken wie Dürren oder extreme Wetterereignisse als auch Übergangsrisiken wie neue politische Vorgaben oder technologische Veränderungen berücksichtigt. Mithilfe von Szenarioanalysen und Klimarisikomodellen lassen sich potenzielle Auswirkungen auf Lieferketten, Preise und Verfügbarkeiten besser abschätzen.
Ein vorausschauender Ansatz könnte Strategien zur Risikominderung umfassen, etwa die Diversifizierung von Lieferketten oder Investitionen in nachhaltige Technologien. Regelmäßige Überprüfungen und die systematische Einbindung von Klimarisiken in Entscheidungsprozesse helfen Unternehmen, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken und langfristig stabile Werte zu sichern.
Nachhaltigkeitsmanager verfügen über eine breite Palette an Werkzeugen und Methoden, um Klimarisiken in der Rohstoffbranche gezielt zu analysieren und zu managen. Klimarisiko-Analyseplattformen spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie physische und finanzielle Risiken, etwa durch extreme Wetterereignisse wie Dürren, sichtbar machen. Wetterderivate und Hedging-Strategien, darunter Futures-Kontrakte, bieten zudem Schutz vor wetterbedingten Preisschwankungen.
Darüber hinaus ermöglichen KI-gestützte Softwarelösungen eine datenbasierte und präzise Entscheidungsfindung. Excel-basierte Tools unterstützen bei der Analyse globaler Handelsrisiken, während spezialisierte Bewertungsinstrumente simulieren, wie sich der Klimawandel auf Lieferketten und Rohstoffpreise auswirkt. Diese Herangehensweisen tragen dazu bei, nachhaltige Strategien zu entwickeln und Klimarisiken effektiv in ESG-Programme einzubinden.
Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Lieferketten stabiler zu gestalten, indem sie Klimarisiken frühzeitig erkennen und passende Maßnahmen ergreifen. Dazu zählen etwa die Zusammenarbeit mit mehreren Lieferanten, der Aufbau einer widerstandsfähigen und nachhaltigen Infrastruktur sowie der Einsatz von Frühwarnsystemen, die vor extremen Wetterereignissen warnen.
Ebenso wichtig ist eine enge Abstimmung mit Partnern entlang der Lieferkette. Wenn Klimarisikoanalysen in die strategische Planung integriert werden, können Unternehmen ihre Versorgung auch bei Wetterextremen sichern und ihre langfristige Stabilität bewahren.