Das EU-Omnibus-Paket bringt große Änderungen für Unternehmen in der EU. Die neuen Regeln sollen Bürokratie abbauen, führen aber auch zu weniger ESG-Transparenz. Hier die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:
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CSRD-Berichtspflichten: Nur noch Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden und 450 Mio. € Umsatz sind verpflichtet. Einführung für viele Unternehmen auf 2028 verschoben.
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EU-Taxonomie: Freiwillige Berichterstattung für kleinere Unternehmen, was die Datenbasis einschränkt.
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CSDDD: Sorgfaltspflichten gelten nur noch für direkte Zulieferer, Überprüfungsintervalle auf fünf Jahre verlängert.
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Entlastung: Große Unternehmen sollen 25 %, KMU bis zu 35 % an Berichtskosten sparen. Dies sind jedoch nicht belastbare, pauschale Angaben.
Was bedeutet das für Unternehmen? Mehr Zeit und weniger Aufwand, aber auch Herausforderungen bei der ESG-Strategie und eine mögliche Schwächung der Transparenz. Unternehmen sollten ihre Nachhaltigkeitsstrategie weiter verfolgen und die Entwicklungen genau beobachten.
EU Omnibusregulierung: ESG-Rollback oder Chance? Darauf ...
1. Wichtige Änderungen und Bedenken
Das neue Paket schränkt die CSRD-Berichtspflicht auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von über 450 Mio. € ein. Das bedeutet, dass etwa 80 % bis 85 % der bisherigen Berichtspflichtigen nicht mehr betroffen sind. Diese Änderung stellt Unternehmen vor Herausforderungen, insbesondere bei der Anpassung ihrer ESG-Roadmaps und Datenstrategien.
Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:
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EU-Taxonomie: Unternehmen mit weniger als 450 Mio. € Umsatz können freiwillig berichten, was die verfügbare Datenbasis reduziert.
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CSRD: Die Einführung für Welle 2 und 3 wird auf den 1. Januar 2028 verschoben.
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CSDDD: Die Sorgfaltspflicht beschränkt sich auf direkte Zulieferer, wodurch das Lieferketten-Reporting vereinfacht wird.
Zusätzlich wurde das Intervall zur Überprüfung der Wirksamkeit von Due-Diligence-Prozessen unter der CSDDD von einem auf fünf Jahre verlängert1. Experten äußern jedoch Bedenken, dass diese Verlängerung die ESG-Überwachung schwächen könnte.
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis erklärte:
"Kurz gesagt: Wir können nicht mit einer Hand hinter dem Rücken in einer herausfordernden Welt wettbewerbsfähig bleiben." 1
Für Unternehmen, die bereits erhebliche Ressourcen in die Vorbereitung auf die CSRD-Berichterstattung investiert haben, könnten diese Änderungen als belastend empfunden werden. Zudem warnen Stakeholder, dass die Einführung der 10 %-Wesentlichkeitsschwelle die Vergleichbarkeit von ESG-Kennzahlen erschweren könnte2.
Regulatorische Grauzone: Rückschritt oder Realismus?
Die Vorschläge des Omnibus-Pakets polarisieren: Während die EU-Kommission die Änderungen als Realismus im Sinne von Bürokratieabbau und Wettbewerbsstärkung darstellt34, kritisieren Stakeholder aus Zivilgesellschaft, Finanzsektor und Großunternehmen einen regulatorischen Rückschritt, der Transparenz und Nachhaltigkeitsstandards untergräbt56.
Kernkonflikt:
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Entlastung vs. Transparenzverlust
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Realismus-Argument: Die Anhebung der CSRD-Schwellen (1.000 Mitarbeitende, 450 Mio. € EU-Umsatz bei Drittstaatenunternehmen) entlastet 80 % der bisher berichtspflichtigen Unternehmen. KMU sparen angeblich bis zu 35 % Berichtskosten.
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Rückschritt-Vorwurf: Die Reduktion der CSDDD-Sorgfaltspflichten auf direkte Zulieferer und die Streichung der Berichtspflicht für kapitalmarktorientierte KMU gefährden die Erfassung von Risiken in globalen Lieferketten.
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Langfristfolgen
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Positiv: Verlängerte Überprüfungsintervalle (5 statt 1 Jahr) und vereinfachte Datenerfassung senken Compliance-Kosten kurzfristig.
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Negativ: Fehlende sektorspezifische ESRS-Standards und freiwillige Taxonomie-Berichte erschweren Investitionsentscheidungen und vergleichbare ESG-Kennzahlen.
Stakeholder-Perspektiven:
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Unternehmen: Begrüßen die Entlastung, warnen aber vor „teurer Verwirrung“ durch uneinheitliche Standards.
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Investoren: Kritisieren den Wegfall von 80 % der Berichtspflichtigen als Gefahr für die Portfoliosteuerung.
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NGOs: Germanwatch moniert fehlende Impact-Analysen zu langfristigen Vorteilen nachhaltiger Geschäftsmodelle.
Fazit:
Das Vorschlagspaket zielt in die richtige Richtung, geht aber zu weit. Eine Vereinfachung stand außer Frage, ein Rückschritt in diesem Ausmaß hilft nur denen, die ohnehin auf der Bremse stehen. Jetzt kommt es im EU-Parlament darauf an, einen wirklichen Kompromiss zu erarbeiten. Das Hauptargument der Wettbewerbsfähigkeit verfängt nicht, da China bereits letztes Jahr eine eigene ESG-Berichtspflicht auf den Weg gebracht hat, die bis 2030 verpflichtend wird.
2. Marktbasierte Anpassungen
Nach den regulatorischen Änderungen liegt der Fokus nun auf marktorientierten Maßnahmen, die den praktischen Aufwand verringern sollen. Als Reaktion auf Kritik an verlängerten Fristen und begrenzter Taxonomie-Berichterstattung setzt die Kommission auf solche Instrumente, um Unternehmen entgegenzukommen.
Weniger Kosten und mehr Übersicht
Ein zentraler Punkt ist die Verschiebung der Fristen für die Einhaltung der CSRD-Vorgaben:
Unternehmenskategorie |
Ursprünglicher Termin |
Neuer Termin |
Große Unternehmen (mehr als 250 Mitarbeitende) |
GJ 2025 (2026) |
GJ 2027 (2028) |
Börsennotierte KMU |
GJ 2026 (2027) |
GJ 2028 (2029) |
Diese Verschiebung gibt Unternehmen mehr Zeit, ihre ESG-Berichterstattung gründlich vorzubereiten und die nötigen Systeme aufzubauen.
Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis
Die Anpassung der EU-Taxonomie durch Änderungen delegierter Rechtsakte nach einer vierwöchigen Konsultation zeigt, wie flexibel die Kommission auf Herausforderungen reagiert. Eine Umfrage ergab außerdem, dass 67 % der Asset Owner ESG in den letzten fünf Jahren als „wichtiger" oder „deutlich wichtiger" bewerten.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Für Unternehmen ergeben sich zwei wichtige Schritte:
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Bestehende Berichtspflichten weiterhin erfüllen, bis die neuen Vorgaben in Kraft treten.
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Die regulatorischen Entwicklungen kontinuierlich im Blick behalten.
Direkte Auswirkungen bewerten
Hier geht es darum, wie das Paket konkret auf Unternehmen wirkt und welche Veränderungen es mit sich bringt.
Messbare Entlastungen
Die Anhebung der Schwelle auf 1.000 Mitarbeitende reduziert die Verpflichtungen nach der CSRD und verringert die Berichtspflichten. Diese Erleichterungen bringen jedoch je nach Branche unterschiedliche Herausforderungen mit sich.
Auswirkungen auf verschiedene Branchen
Die Folgen des Pakets sind stark branchenabhängig. Im Bereich Klimatechnologie profitieren bestehende Wind- und Solarprojekte, während neue Pilotprojekte weniger gefördert werden. Im Gebäudemanagement können smarte Steuerungssysteme den CO₂-Ausstoß um bis zu 40 % senken. Der Energiesektor akzeptiert weiterhin Übergangstechnologien und erlaubt bis zu 250 g CO₂ pro kWh bei Gasenergie. Bei alternativen Proteinen zeigt sich, dass jede investierte Einheit die höchsten Emissionsreduktionen erzielt.
Technologische Entwicklungen
Das Paket könnte entweder den Fortschritt fördern oder ausbremsen. Besonders hervorzuheben sind Quantencomputer (600 Mio. t CO₂ jährlich), intelligente Gebäudesteuerung (−40 %) und pflanzliche Fleischalternativen, die im Vergleich zu Rindfleisch 91 % weniger Emissionen verursachen.
Empfehlungen für Unternehmen
Unternehmen sollten weiterhin in ihre Nachhaltigkeitsstrategie investieren und bis zur Umsetzung der Änderungen offen mit ihren Stakeholdern kommunizieren.
Zentrale Erkenntnisse
Aus der direkten Bewertung der Auswirkungen ergeben sich folgende zentrale Punkte:
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Abwägung zwischen Bürokratieabbau und langfristiger ESG-Transparenz: Weniger Berichtspflichten entlasten Unternehmen, könnten aber die Transparenz im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) beeinträchtigen.
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Taxonomie-Fokus auf marktreife Lösungen:
Die EU-Taxonomie priorisiert bereits etablierte Technologien wie Offshore-Windparks, Solaranlagen und grünen Wasserstoff, die als „ökologisch nachhaltig“ gelten, sofern sie die sechs Umweltziele erfüllen. Für diese Aktivitäten existieren bereits klare technische Bewertungskriterien.
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Stimmen aus der Praxis:
"Kurz gesagt: Wir können nicht mit einer Hand hinter dem Rücken in einer herausfordernden Welt wettbewerbsfähig bleiben."
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Anna Csonka: "Das Ziel bleibt die Wettbewerbsfähigkeit – aber führt weniger Berichterstattung wirklich zu Entlastung, oder bremst sie notwendige Fortschritte?"
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Robert Szucs-Winkler: Mittelständische Unternehmen haben Nachhaltigkeitsinitiativen zugunsten der Erfüllung der CSRD-Vorgaben verschoben – ob sich diese Investitionen auszahlen, bleibt unklar.
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Technologische Chancen: Fortschritte wie Quantencomputing, intelligente Gebäudesteuerung und pflanzliche Fleischalternativen könnten erhebliche Emissionsminderungen bewirken (600 Mio. t CO₂, −40 %, −91 % im Vergleich zu Rindfleisch).
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Mehr als nur Compliance: Nachhaltigkeitsberichterstattung ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein strategisches Werkzeug für Risikomanagement und Wertschöpfung, so Gemma Sánchez Danes.
Häufige Fragen zum EU-Omnibus-Paket (FAQ)
1. Welche Unternehmen müssen künftig nach der CSRD berichten?
Nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und mindestens 450 Mio. € Umsatz in der EU sind verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD vorzulegen.
Für kapitalmarktorientierte KMU gilt eine Fristverschiebung auf 2028/2029. In Deutschland sind teils auch Unternehmen mit 50 Mio. € Umsatz oder 25 Mio. € Bilanzsumme betroffen[7].
2. Welche Erleichterungen bringt das EU-Omnibus-Paket für KMU?
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Freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis vereinfachter VSME-Standards.
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Bagatellgrenzen beim CO₂-Grenzausgleich (CBAM): Einfuhren unter 50 Tonnen/Jahr ausgenommen.
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Durchschnittswerte zulässig, wenn exakte Emissionsdaten fehlen.
3. Wie ändern sich die Pflichten nach der CSDDD (Lieferkettengesetz)?
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Gilt nur noch für direkte Zulieferer, nicht mehr für die gesamte Wertschöpfungskette.
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Überprüfungsintervalle steigen von jährlich auf alle fünf Jahre.
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Keine verpflichtende Einführung zivilrechtlicher Haftungsregeln.
4. Was passiert mit den sektorspezifischen ESRS-Berichtsstandards?
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Sie werden vorerst gestrichen.
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Die EU-Kommission setzt auf allgemeine (generische) Standards mit weniger Datenpunkten.
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Die doppelte Wesentlichkeit bleibt jedoch erhalten.
Folge: Weniger Vergleichbarkeit zwischen Branchenberichten.
5. Ist die EU-Taxonomie-Berichterstattung noch verpflichtend?
Nein. Für kleinere Unternehmen ist sie freiwillig, was die Datenlage für Investoren erschwert.
Hinweis: Die freiwillige Anwendung ist weiterhin möglich und strategisch sinnvoll.
6. Wann treten die neuen Regeln in Kraft?
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Nach Zustimmung von EU-Rat und -Parlament.
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Erste Änderungen (z. B. Fristverschiebung) gelten ab 2025, umfassende Änderungen ab 2027/2028.
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Nationale Umsetzungen laufen bereits, u. a. in Deutschland.
7. Wurden auch Sanktionen und Strafen überarbeitet?
Ja. Die Mindeststrafe von 5 % des Jahresumsatzes entfällt.
Neue Leitlinien zur Sanktionsbemessung werden bis Ende 2025 erwartet.
Fazit für Unternehmen
Das EU-Omnibus-Paket bringt eine spürbare Entlastung, aber auch neue Risiken:
Positiv
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Weniger Bürokratie für KMU
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Klare Priorisierung von Kernthemen in der Berichterstattung
Kritisch
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Datenlücken für Unternehmen, Investoren und Analysten
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Rechtssicherheitsrisiken durch gestrichene Haftungsvorgaben
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Vergleichbarkeitsprobleme durch Wegfall sektorspezifischer Standards
Empfehlung
Unternehmen sollten:
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Bestehende Berichtspflichten bis 2028 einhalten
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Vorausschauend planen – insbesondere für Investorenkommunikation
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Die finalen ESRS-Standards 2025 abwarten, um Doppelarbeit zu vermeiden