Double Materiality | Fiegenbaum Solutions

Finanzierte Emissionen: Der vollständige Leitfaden für Banken, Asset Manager und Investoren (November 2025)

Geschrieben von Johannes Fiegenbaum | 20.05.25 06:23

Finanzierte Emissionen sind der größte Hebel im Klimaschutz – und zugleich die komplexeste Herausforderung für Finanzinstitute. Während ein durchschnittliches deutsches Kreditinstitut etwa 5.000 Tonnen CO₂ durch eigene Operationen verursacht, liegen die durch Kredite und Investitionen finanzierten Emissionen im Millionenbereich. Mit der EBA-Richtlinie ab Januar 2026 wird die Messung dieser indirekten Emissionen zur regulatorischen Pflicht, nicht mehr zur freiwilligen Kür.

Die Realität im November 2025: Trotz des etablierten PCAF-Standards berichten weltweit erst 18 Banken strukturiert finanzierte Emissionen. Die Datendiskrepanzen zwischen Anbietern liegen bei bis zu 30 Prozent, und der kürzlich geleakte SFDR-Vorschlag (offizielle Veröffentlichung: 19. November 2025) wird die Anforderungen nochmals verschärfen. Finanzinstitute stehen vor einem dreifachen Druck: regulatorische Verpflichtung, Investorenerwartungen und operationaler Komplexität.

Dieser Leitfaden zeigt, wie ihr finanzierte Emissionen strategisch angeht – von der methodischen Grundlage über Datenerfassung bis zur Integration in eure Risiko- und Investment-Prozesse. Besonders relevant für General Partner, CFOs und ESG-Verantwortliche in Banken, Asset Managern und Family Offices.

Lesezeit: 12 Minuten

Was sind finanzierte Emissionen? Definition und strategische Bedeutung

Finanzierte Emissionen bezeichnen die Treibhausgasemissionen, die durch Kredite, Investitionen und andere Finanzdienstleistungen ermöglicht werden. Anders als die direkten Scope-1-Emissionen eurer Bürogebäude oder die indirekten Scope-2-Emissionen aus eingekauftem Strom, entstehen finanzierte Emissionen bei euren Kreditnehmern, Portfolio-Unternehmen und Projektfinanzierungen.

Der Unterschied zwischen finanzierten und erleichterten Emissionen

Die Abgrenzung ist kritisch für korrektes Reporting:

Finanzierte Emissionen (Scope 3, Kategorie 15):

  • Emissionen aus Krediten, Eigenkapitalinvestitionen, Anleihen und Projektfinanzierungen
  • Ihr habt eine direkte finanzielle Beteiligung am emittierenden Unternehmen
  • Messung erfolgt proportional zu eurem Anteil am Unternehmenskapital
  • Beispiel: Kredit an Stahlhersteller mit 50 Millionen Euro Bilanzsumme – eure 5 Millionen Euro entsprechen 10 Prozent der finanzierten Emissionen

Erleichterte Emissionen (Scope 3, Kategorie 15, Unterkategorie):

  • Emissionen aus Advisory, Brokerage, Vermögensverwaltung für Dritte
  • Keine direkte Kapitalbeteiligung, nur Vermittlungs- oder Beratungsrolle
  • Deutlich komplexere Zurechnung, oft nur qualitativ berichtbar
  • Beispiel: M&A-Beratung für Fusion zweier Energieunternehmen

Die meisten Finanzinstitute fokussieren sich zunächst auf finanzierte Emissionen, da hier die Datenqualität besser und die Zurechnung klarer ist. Erleichterte Emissionen werden häufig qualitativ beschrieben, nicht quantifiziert.

Warum finanzierte Emissionen für Banken strategisch entscheidend sind

Drei Treiber machen finanzierte Emissionen zur Priorität:

1. Regulatorischer Druck (ab Januar 2026 verpflichtend): Die europäische Bankenaufsicht EBA integriert finanzierte Emissionen in die ESG-Risiko-Management-Richtlinien ab Januar 2026. Das bedeutet: Finanzinstitute müssen nachweisen, dass sie Klimarisiken in ihren Kreditportfolios und Investitionen systematisch bewerten. Die EZB hat Klima- und Umweltrisiken für 2025 bis 2027 zum zentralen Prüfungsschwerpunkt erklärt, und Transitionsrisiken werden in Klimastresstests der EBA verpflichtend integriert (PwC, 2025).

2. Investoren- und Stakeholder-Erwartungen: Limited Partner, institutionelle Investoren und Aufsichtsbehörden fordern zunehmend Transparenz über die Klimawirkung von Finanzportfolios. Der geleakte SFDR-Vorschlag vom November 2025 zeigt: Die EU plant eine komplette Neuordnung der Nachhaltigkeits-Offenlegung mit drei neuen Produktkategorien („Sustainable", „Transition", „ESG Collection"), die jeweils klare Mindestkriterien zu finanzierten Emissionen enthalten werden (Simmons & Simmons, 2025).

3. Transitionsrisiken und Wettbewerbsvorteil: Kreditnehmer und Portfolio-Unternehmen mit hohen CO₂-Emissionen sind steigenden Transitionsrisiken ausgesetzt – durch CO₂-Preise, regulatorische Verschärfungen und Technologie-Shift. Banken, die diese Risiken früh identifizieren, können Portfolio-Allokationen anpassen und sich als Partner für Dekarbonisierung positionieren.

Besonders relevant für VCs und Impact Investoren: Finanzierte Emissionen sind der zentrale KPI für eure ESG-Integration. Mit dem neuen SBTi Financial Institutions Net-Zero Standard v0.1 müssen mindestens 90 Prozent eurer finanzierten Emissionen durch Unternehmen mit validierten SBTi-Zielen abgedeckt sein (Deloitte, 2025). Das erzeugt enormen Druck auf Portfolio-Engagement und Investment-Selektion.

Mehr zur strategischen ESG-Integration findet ihr in unserem ESG Investment Quick Check.

PCAF-Standard: Die methodische Grundlage (Update November 2025)

Der Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) Standard ist die internationale Referenz für die Messung und Berichterstattung von finanzierten Emissionen. Allerdings zeigt sich in der Praxis ein erhebliches Implementations-Gap: Bislang berichten nur etwa 18 Banken weltweit finanzierte Emissionen strukturiert, und selbst diese nutzen teilweise unterschiedliche Methodiken (PwC, 2025).

PCAF 2025: Substanzielle Updates

Der PCAF-Standard wurde 2025 grundlegend überarbeitet, um praktische Umsetzungsprobleme zu adressieren (FMA Österreich, 2025):

Teil A (PCAF A) – Methodische Präzisierung:

  • Klarere Leitlinien zur Emissionsbilanzierung über alle Asset-Klassen
  • Neue Beispiele für komplexe Finanzierungsstrukturen
  • Verbesserte Guidance für Datenqualitätsstufen

Teil C (PCAF C) – Versicherungsbezogene Emissionen:

  • Völlig neue Methodik für Erstversicherer und Rückversicherer
  • „Follow the Risk"-Prinzip zur Vermeidung von Doppelzählungen
  • Brutto- und Netto-Berichterstattung für Versicherungsportfolios
  • Neue Ansätze für Projektversicherungen und Vertragsrückversicherung (PwC Blogs, 2025)

Für Finanzinstitute mit Versicherungstöchtern: Die PCAF-Part-C-Updates sind kritisch. Versicherer müssen ab 2026 nicht nur ihre eigenen Scope-1- und Scope-2-Emissionen berichten, sondern auch die durch Versicherungsverträge ermöglichten Emissionen ihrer Versicherten. Das erfordert neue Datenerhebungsprozesse, da viele Versicherer die Emissionen ihrer Kunden nicht kennen.

Die sieben Anlageklassen nach PCAF

PCAF unterscheidet sieben Asset-Klassen mit jeweils spezifischen Berechnungsmethoden:

  1. Unternehmenskredite und Darlehen
  2. Projektfinanzierung
  3. Börsennotierte Aktien und Unternehmensanleihen
  4. Nicht börsennotierte Aktien
  5. Gewerbliche Immobilien
  6. Hypotheken
  7. Kraftfahrzeuge (inkl. Leasing)

Für jede Asset-Klasse gibt PCAF spezifische Formeln vor, die im Kern folgendes Schema nutzen:

Finanzierte Emissionen = (Eure Finanzierung / Unternehmenswert) × Emissionen des Kreditnehmers

Beispiel Unternehmenskredit: Ihr finanziert einen Maschinenbauer mit 10 Millionen Euro bei einer Bilanzsumme von 100 Millionen Euro. Das Unternehmen hat laut Scope-1- und Scope-2-Daten 20.000 Tonnen CO₂e emittiert.

Eure finanzierten Emissionen = (10 Mio. € / 100 Mio. €) × 20.000 t CO₂e = 2.000 t CO₂e

Ihr rechnet euch also 10 Prozent der Emissionen zu – proportional zu eurem Finanzierungsanteil.

Detaillierte Methodik findet ihr in unserem CO₂-Bilanz-Leitfaden.

Datenqualitätsstufen: Das kritische Problem

PCAF definiert fünf Datenqualitätsstufen (Score 1 bis 5):

  • Score 1: Verifizierte, unternehmensspezifische Emissionsdaten (höchste Qualität)
  • Score 2: Unternehmensspezifische Schätzungen auf Basis physischer Aktivitäten
  • Score 3: Branchendurchschnittswerte (z.B. nach NACE-Code)
  • Score 4: Regionale oder sektorale Durchschnittswerte
  • Score 5: Globale Durchschnittswerte (niedrigste Qualität)

Die Realität im November 2025: Die meisten Banken arbeiten mit Score 3 bis 5, da Kreditnehmer – insbesondere im Mittelstand – selten eigene CO₂-Bilanzen haben. Das führt zu erheblichen Unsicherheiten: Laut einer Analyse von Amundi Investment liegen die Scope-3-Schätzungen verschiedener ESG-Datenanbieter um bis zu 30 Prozent auseinander (Amundi, 2025). Diese Datendiskrepanzen sind ein Hauptgrund für die geplante SFDR-Überarbeitung – die EU möchte Vergleichbarkeit herstellen.

Praktische Implikation: Wählt Software und Prozesse, die verschiedene Datenquellen integrieren können und euch transparent den Datenqualitätsscore zeigen. Dokumentiert eure Methodenentscheidungen sorgfältig, um bei Audits nachweisen zu können, warum ihr bestimmte Schätzungen verwendet habt.

Mehr zu Datenmanagement-Strategien findet ihr in unserem Artikel zu ESG-Datenautomatisierung.

SBTi Net-Zero Standards: Die verbindliche Schicht über PCAF (2025)

PCAF ist technisch notwendig, aber der neue Game-Changer ist die Science Based Targets initiative (SBTi). 2025 wurde SBTi zur regulatorischen Schicht über PCAF, mit der Finanzinstitute nicht nur messen, sondern auch Reduktionsziele setzen müssen.

SBTi Financial Institutions Net-Zero Standard v0.1

Der im Laufe von 2025 aktualisierte SBTi-Standard für Finanzinstitute definiert klare, verbindliche Anforderungen (Deloitte, 2025):

Portfolio Coverage Approach: Mindestens 90 Prozent eurer finanzierten Emissionen müssen durch Unternehmen mit validierten SBTi-Zielen gedeckt sein. Das bedeutet: Ihr könnt nicht einfach nur messen – ihr müsst aktiv darauf hinarbeiten, dass eure Kreditnehmer und Portfolio-Unternehmen eigene wissenschaftsbasierte Klimaziele setzen.

Temperature Scoring: Euer gesamtes Portfolio wird auf Paris-Kompatibilität bewertet. Statt nur einzelne Positionen zu analysieren, müsst ihr nachweisen, dass euer Gesamtportfolio auf einen Pfad von maximal 1,5 bis 2 Grad Celsius globaler Erwärmung einzahlt.

SBTi Corporate Net-Zero 2.0: Neue Anforderungen an Kreditnehmer und Emittenten: 90 Prozent Emissionsreduktion sind erforderlich, bevor Kompensationen (Offsets) angerechnet werden dürfen. Das verschärft die Anforderungen an eure Portfolio-Unternehmen erheblich.

Was das für euch bedeutet:

  • Ihr müsst Kreditnehmer systematisch zum SBTi-Ziel-Setting bewegen (Engagement-Strategie)
  • Portfolio-Allokationen müssen aktiv gesteuert werden – weg von SBTi-inkompatiblen Sektoren
  • Neue Kredite sollten bevorzugt an SBTi-konforme Unternehmen vergeben werden
  • Reporting wird deutlich komplexer, da ihr nicht nur absolute Emissionen, sondern auch Temperatur-Alignment nachweisen müsst

Besonders für VCs relevant: Eure Portfolio-Unternehmen sind oft Pre-Revenue oder skalieren schnell – klassische Emissionsintensitäten (CO₂e pro Umsatz) sind wenig aussagekräftig. Der SBTi-Standard erlaubt für solche Fälle alternative Metriken (z.B. CO₂e pro Nutzungseinheit bei SaaS), aber ihr müsst diese frühzeitig definieren und dokumentieren.

Mehr zu Science Based Targets findet ihr in unserem SBTi-Zertifizierungs-Leitfaden.

CSRD und Scope 3: Finanzierte Emissionen werden Berichtspflicht

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die ab 2025 für bereits berichtspflichtige Unternehmen gilt, werden Scope-3-Emissionen zur verpflichtenden Berichtsgröße – keine optionale Angabe mehr.

ESRS E1 verlangt vollständige Scope-3-Quantifizierung

Der European Sustainability Reporting Standard E1 (Klimawandel) fordert (iPoint, 2025):

  • Vollständige Quantifizierung aller wesentlichen Scope-3-Kategorien ohne Ausnahme
  • Begründungspflicht für Ausschlüsse: Wenn einzelne Scope-3-Kategorien nicht berichtet werden, muss transparent dokumentiert werden, warum sie nicht wesentlich sind
  • Emissionsreduktionsziele müssen Scope 3 einschließen: Keine Net-Zero-Ziele nur für Scope 1 und Scope 2
  • Lieferanteneinbindung verpflichtend: Datenerfassungsstrategien für Scope 3 müssen dokumentiert sein

Für Finanzinstitute bedeutet das: Ihr braucht sofort strukturierte Prozesse zur Scope-3-Erfassung eurer Kreditnehmer und Investitionen – bis Dezember 2025, um 2026 den ersten CSRD-Bericht zu erstatten. Finanzierte Emissionen (Scope 3, Kategorie 15) sind die größte Emissionsquelle für Banken, Asset Manager und Versicherungen – oft 95 bis 99 Prozent eurer Gesamtemissionen.

Kritischer Punkt: Die CSRD verlangt nicht nur die Messung, sondern auch die Integration in eure Geschäftsstrategie. Ihr müsst nachweisen, wie ihr Transitionsrisiken in Kreditentscheidungen, Portfolio-Allokationen und Risiko-Pricing berücksichtigt.

Eine vollständige Übersicht zur CSRD findet ihr in unserem CSRD-Bericht 2025 Guide.

SFDR-Review: Was sich ab November 2025 ändert

Am 19. November 2025 wird die EU-Kommission offiziell ihren Vorschlag zur umfassenden Überarbeitung der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) vorstellen. Ein bereits geleakter Entwurf zeigt dramatische Änderungen, die eure gesamte Produktklassifizierung und PAI-Offenlegung betreffen.

Die neuen Produktkategorien ersetzen Artikel 8 und 9

Statt der bisherigen Artikel 6, 8 und 9 sollen drei neue Produktkategorien eingeführt werden (Simmons & Simmons, 2025; Danes Mead Advisory, 2025):

1. „Sustainable" Produkte (ehemals Artikel 9):

  • Strenge Paris-Aligned-Kriterien
  • Mindestanforderungen: Ausschluss fossiler Brennstoffe, kontroverser Waffen, schwerer Menschenrechtsverstöße
  • Benchmarks: Paris Aligned Benchmarks (PAB)

2. „Transition" Produkte (neue Kategorie):

  • Investments mit Transformationsbezug (z.B. Klimawende, Kreislaufwirtschaft)
  • Orientierung an Climate Transition Benchmarks (CTB)
  • Weniger strikte Ausschlüsse als „Sustainable", aber nachweisbare Dekarbonisierungs-Roadmap erforderlich

3. „ESG Collection" (ehemals Artikel 8):

  • Breitere ESG-orientierte Strategien ohne zwingende Transformationsziele
  • Mindestkriterien ähnlich wie bei „Transition", aber flexiblere Umsetzung

Kein Grandfathering: Alle bestehenden Fonds müssen sich innerhalb von 12 Monaten nach Inkrafttreten neu klassifizieren – auch eure aktuellen Artikel-8- und Artikel-9-Fonds (Danes Mead Advisory, 2025).

PAI-Statements werden verschlankt, aber bleiben

Die Principal Adverse Impacts (PAIs) bleiben erhalten, werden aber reduziert und harmonisiert (PwC Blogs, 2025; Sustainable Finance Beirat, 2025):

  • Weniger Indikatoren: Die aktuelle Liste von 18 verpflichtenden + 46 optionalen PAIs ist zu umfangreich und wird gekürzt
  • Alignment mit CSRD: PAI-Anforderungen werden stärker zu CSRD-Metriken abgestimmt, um Doppelarbeit zu vermeiden
  • Vergleichbarkeit im Fokus: Die EU möchte durch Standardisierung erreichen, dass PAI-Statements verschiedener Institute tatsächlich vergleichbar werden

Kritische Warnung November 2025: Finanzinstitute sollten jetzt keine starren Reporting-Systeme aufbauen, sondern auf flexible, modulare Lösungen setzen. Die finalen PAI-Anforderungen werden erst Q1 2026 feststehen, und ihr müsst in der Lage sein, schnell auf Änderungen zu reagieren.

Mehr zur SFDR-Integration findet ihr in unserem Artikel zu Nachhaltiger Finanzierung und EU-Regulierung.

Datenerfassung: Die größte praktische Herausforderung

Die methodische Grundlage (PCAF) ist klar, aber die Datenerfassung bleibt das Nadelöhr. Ihr benötigt für jedes Portfolio-Unternehmen oder jeden Kreditnehmer:

  1. Emissionsdaten (Scope 1, 2 und idealerweise Scope 3)
  2. Unternehmenswert (Bilanzsumme, Eigenkapital oder EVIC – je nach Asset-Klasse)
  3. Euren Finanzierungsanteil (Kreditvolumen, Eigenkapitalinvestment, Anleihenwert)

Die Datenverfügbarkeits-Pyramide

Stufe 1: Große börsennotierte Unternehmen

  • Emissionsdaten oft verfügbar (CDP, Nachhaltigkeitsberichte)
  • Datenqualität: Score 1 bis 2
  • Abdeckung: ~70% eurer Großkredite

Stufe 2: Mittelstand und nicht-börsennotierte Unternehmen

  • Emissionsdaten selten vorhanden
  • Datenqualität: Score 3 bis 4 (Branchenschätzungen)
  • Abdeckung: ~20% mit Primärdaten, 80% mit Schätzungen

Stufe 3: Kleinunternehmen und Privatkunden

  • Keine Emissionsdaten verfügbar
  • Datenqualität: Score 4 bis 5 (regionale/globale Durchschnitte)
  • Abdeckung: Fast 100% mit Schätzungen

Kritische Warnung: Datendiskrepanzen sind massiv

Trotz PCAF-Standard gibt es erhebliche Konsistenzprobleme in der Praxis (Amundi, 2025; PwC, 2025):

  • 30 Prozent Abweichungen: Zwischen großen ESG-Datenanbietern liegen die Scope-3-Emissions-Schätzungen um bis zu 30 Prozent auseinander
  • PAI-Vergleichbarkeit zweifelhaft: Institutionelle Investoren können nicht zuverlässig PAI-Statements verschiedener Finanzinstitute vergleichen
  • Methodische Inkonsistenz: Deutsche Banken nutzen unterschiedliche Ansätze für Scope-3-Zurechnung in Kreditsegmenten
  • Nur 18 Institute berichten bislang: Trotz PCAF seit 2019 sind nur 18 Banken weltweit beim Reporting von finanzierten Emissionen strukturiert aufgestellt; 16 haben Reduktionsziele gesetzt

Diese Diskrepanzen sind ein Hauptgrund für die SFDR-Review: Die EU möchte PAI-Anforderungen präzisieren und Vergleichbarkeit herstellen.

Praktische Lösungsansätze

1. Dreistufige Datenerfassung:

  • Primärdaten: Aktive Anfrage bei Top-100-Kreditnehmern und Portfolio-Unternehmen (Start mit Quick Checks)
  • Sekundärdaten: Nutzung von ESG-Datenanbietern (MSCI, Sustainalytics, ISS ESG, Bloomberg) für börsennotierte Unternehmen
  • Modellierte Daten: Branchendurchschnitte nach NACE-Code für nicht-verfügbare Daten

2. Engagement-Strategie: Fordert systematisch von euren Kreditnehmern CO₂-Bilanzen an – am besten integriert in eure Kreditgespräche. Viele Mittelständler wissen nicht, dass sie diese Daten bald ohnehin für CSRD brauchen werden. Ihr könnt hier als Partner auftreten und eure Kunden frühzeitig unterstützen.

3. Tool-Auswahl: Spezialisierte Software (z.B. Clarity AI, Carbon Delta, Sust Global) kann Emissionsschätzungen automatisieren und verschiedene Datenquellen integrieren. Achtet auf PCAF-Konformität und Transparenz der Berechnungsmethoden.

Einen detaillierten Vergleich von Carbon-Accounting-Tools findet ihr in unserem Scope-3-Quick-Check.

Berechnung finanzierter Emissionen: Praxisbeispiele nach Asset-Klassen

Beispiel 1: Unternehmenskredit (Mid-Cap Manufacturing)

Ausgangssituation: Ihr finanziert einen Maschinenbauer mit einem Kredit von 15 Millionen Euro. Das Unternehmen hat eine Bilanzsumme von 120 Millionen Euro und hat in seinem Nachhaltigkeitsbericht 35.000 Tonnen CO₂e (Scope 1 + 2) angegeben.

Berechnung nach PCAF:

  • Attribution Factor = 15 Mio. € / 120 Mio. € = 0,125 (12,5%)
  • Finanzierte Emissionen = 0,125 × 35.000 t CO₂e = 4.375 t CO₂e
  • Datenqualitätsscore: 1 (verifizierte Unternehmensdaten)

Ihr rechnet euch 4.375 Tonnen CO₂e als finanzierte Emissionen zu.

Beispiel 2: Eigenkapitalinvestment (Startup, Series B)

Ausgangssituation: Euer VC-Fonds investiert 5 Millionen Euro in ein ClimateTech-Startup (Series B). Die post-money Bewertung liegt bei 50 Millionen Euro. Das Startup hat noch keine eigene CO₂-Bilanz, aber ihr schätzt anhand der Mitarbeiterzahl (50 Personen, Büroarbeitsplätze) und eingekauften Cloud-Services etwa 150 Tonnen CO₂e für Scope 1 und 2.

Berechnung nach PCAF:

  • Attribution Factor = 5 Mio. € / 50 Mio. € = 0,1 (10%)
  • Finanzierte Emissionen = 0,1 × 150 t CO₂e = 15 t CO₂e
  • Datenqualitätsscore: 4 (Schätzung auf Basis von Mitarbeiterzahl)

Wichtig für VCs: Bei schnell wachsenden Startups müsst ihr die Emissionen jährlich neu bewerten, da sich sowohl Unternehmensbewertung als auch absolute Emissionen schnell ändern. Plant in euren Reportingprozessen regelmäßige Updates ein.

Beispiel 3: Anleihe (Corporate Bond)

Ausgangssituation: Ihr haltet eine Unternehmensanleihe im Wert von 20 Millionen Euro. Der Emittent (Energieversorger) hat einen Enterprise Value inkl. Cash (EVIC) von 5 Milliarden Euro und berichtet 8 Millionen Tonnen CO₂e (Scope 1 + 2 + 3).

Berechnung nach PCAF:

  • Attribution Factor = 20 Mio. € / 5.000 Mio. € = 0,004 (0,4%)
  • Finanzierte Emissionen = 0,004 × 8.000.000 t CO₂e = 32.000 t CO₂e
  • Datenqualitätsscore: 1 (verifizierte Unternehmensdaten inkl. Scope 3)

Selbst ein kleiner Anteil an einem emissionsintensiven Unternehmen führt zu erheblichen finanzierten Emissionen.

Weitere Beispiele und Berechnungstools findet ihr in unserem Klimarisikoanalyse-Guide.

Regulatorischer Turning Point: Ab Januar 2026 wird es ernst

Finanzierte Emissionen sind nicht mehr freiwilliges ESG-Management, sondern werden Teil der aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

EBA-Richtlinien ab Januar 2026

Die European Banking Authority (EBA) integriert finanzierte Emissionen in ihre ESG-Risikorichtlinien. Das bedeutet konkret (PwC, 2025):

  • Verpflichtende Integration in Risiko-Management: Finanzinstitute müssen nachweisen, dass sie Klimarisiken systematisch in Kreditprozesse und Portfolio-Management einbeziehen
  • Transitionsrisiken in Stresstests: Klimastresstest-Szenarien müssen Transitionsrisiken (z.B. CO₂-Preis-Steigerungen, regulatorische Verschärfungen) berücksichtigen
  • Dokumentationspflicht: Methodik, Datenquellen und Annahmen müssen transparent dokumentiert sein

EZB-Fokus 2025-2027

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Klima- und Umweltrisiken zu zentralen Prüfungsschwerpunkten für 2025 bis 2027 erklärt. In den Aufsichtsgesprächen wird explizit gefragt (PwC, 2025):

  • Wie misst ihr finanzierte Emissionen?
  • Welche Dekarbonisierungsziele habt ihr gesetzt?
  • Wie integriert ihr Klimarisiken in Kreditentscheidungen?
  • Welche Sektoren identifiziert ihr als Hochrisiko-Bereiche?

Handlungsdruck bis Januar 2026: Finanzinstitute müssen bis dahin vollständig implementiert haben – nicht graduell aufbauen. Die Aufsicht erwartet funktionierende Prozesse und nachweisbare Fortschritte.

Mehr zu ESG-Risiko-Management findet ihr in unserem Artikel zu ESG und Klimarisiken für Tech-Unternehmen.

Implementierung in fünf Phasen

Phase 1: Strategische Entscheidung und Governance (Monat 1-2)

Zentrale Fragen:

  • Welche Asset-Klassen priorisieren wir? (Start mit größten Emissionstreibern)
  • Wer ist verantwortlich? (ESG-Team, Risiko-Management, Treasury?)
  • Welches Budget steht zur Verfügung? (Software, externe Beratung, interne Ressourcen)

Typische Fehler:

  • Zu breiter Scope am Anfang – startet mit 1-2 Asset-Klassen
  • Fehlende Governance – ohne klare Verantwortung scheitern 70% der Projekte
  • Unterschätzung der Komplexität – plant mindestens 12 Monate für vollständige Implementierung

Phase 2: Datenerhebung und Tool-Auswahl (Monat 2-4)

Aufgaben:

  1. Inventarisierung vorhandener Daten (Kundendatenbank, Kreditportfolio-System)
  2. Gap-Analyse: Welche Emissionsdaten fehlen?
  3. Tool-Shortlist (3-5 Anbieter)
  4. Proof of Concept mit priorisierten Asset-Klassen

Tool-Auswahlkriterien:

  • PCAF-Konformität
  • Integration in bestehende Systeme (Core Banking, Portfolio-Management)
  • Transparenz der Berechnungsmethoden
  • Datenqualitätsstufen-Tracking
  • Szenarioanalyse-Funktionen (für Transitionsrisiken)

Phase 3: Pilotierung und Validierung (Monat 4-8)

Vorgehen:

  • Berechnung für Top-50-Kreditnehmer / Portfolio-Positionen
  • Abgleich mit alternativen Datenquellen (Plausibilisierung)
  • Feedback-Schleifen mit Risiko-Management und Kreditabteilung
  • Dokumentation der Methodik

Qualitätssicherung: Lasst eure Berechnungen von externen Prüfern validieren – am besten bereits in der Pilotphase. Viele Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bieten mittlerweile spezialisierte Reviews für finanzierte Emissionen an.

Phase 4: Roll-out und Reporting (Monat 8-12)

Schritte:

  1. Vollständige Berechnung über alle priorisierten Asset-Klassen
  2. Integration in reguläres ESG-Reporting (CSRD, SFDR)
  3. Interne Kommunikation (Schulungen für Kreditanalysten, Portfolio-Manager)
  4. Externe Kommunikation (Investor Relations, Website)

Typische Stolpersteine:

  • Datenqualität bei Mittelstandskrediten – akzeptiert Score 3-4 als Realität
  • Dateninkonsistenzen zwischen Quartalen – dokumentiert Methodenänderungen transparent
  • IT-Integration dauert länger als geplant – plant Puffer ein

Phase 5: Dekarbonisierung und Engagement (ab Monat 12)

Die eigentliche strategische Arbeit beginnt:

  • Sektorstrategien entwickeln: Welche Sektoren bauen wir aus, welche reduzieren wir?
  • Engagement-Programme: Systematische Kunden-Ansprache zur Emissionsreduktion
  • SBTi-Ziele setzen: 90% Portfolio Coverage durch SBTi-konforme Unternehmen
  • Transitionsfinanzierung: Neue Produkte für Dekarbonisierung (Green Loans, Sustainability-Linked Loans)

Einen detaillierten Implementierungs-Fahrplan findet ihr in unserem CSRD-Klimarisiko-Quick-Check.

Besonderheiten für unterschiedliche Finanzinstitute

Für Banken: Kreditportfolios und Projektfinanzierung

Challenge: Kreditportfolios sind extrem heterogen – von Privatkrediten über KMU-Finanzierungen bis zu Großkrediten an multinationale Konzerne. Die Datenverfügbarkeit variiert massiv.

Best Practice:

  • Segmentierung: Startet mit Großkrediten und Unternehmenskunden (bessere Datenverfügbarkeit)
  • Branchen-Fokus: Priorisiert emissionsintensive Sektoren (Energie, Industrie, Transport)
  • Projektfinanzierung besonders kritisch: Hier seid ihr oft Lead Arranger und habt erheblichen Einfluss – nutzt das für Klima-Konditionalitäten

Spezifische Regulierung: Banken unterliegen zusätzlich den EBA-Richtlinien und EZB-Aufsicht. Dokumentiert eure Methodik so, dass sie aufsichtskonform ist.

Für Asset Manager: Listed Equities und Corporate Bonds

Challenge: Ihr habt keinen direkten Einfluss auf Portfolio-Unternehmen (außer bei Engagement und Proxy Voting). Datenqualität ist bei börsennotierten Unternehmen besser, aber Scope-3-Diskrepanzen bleiben.

Best Practice:

  • Temperature-Scoring: Bewertet euer Gesamtportfolio auf Paris-Alignment
  • Engagement-Strategie: Nutzt eure Stimme als Aktionär (z.B. Climate Action 100+)
  • Thematische Fonds: Entwickelt dezidierte Climate-Fonds mit klaren SBTi-Kriterien

SFDR-Relevanz: Ihr seid am stärksten von der SFDR-Review betroffen. Plant jetzt schon die Neuklassifizierung eurer Artikel-8- und Artikel-9-Fonds in die neuen Kategorien („Sustainable", „Transition", „ESG Collection").

Für VCs und Private Equity: Eigenkapitalinvestments

Challenge: Portfolio-Unternehmen sind oft Pre-Revenue oder im Hypergrowth – klassische Emissionsintensitäten (CO₂e pro Umsatz) sind wenig aussagekräftig.

Best Practice:

  • Forward-Looking Metrics: Nutzt projizierte Emissionen auf Basis des Business Plans
  • Impact-Narrative: Messt nicht nur eure finanzierten Emissionen, sondern auch die vermiedenen Emissionen eurer ClimateTech-Investments
  • Fund-Level Targets: Setzt Dekarbonisierungsziele auf Fonds-Ebene, nicht nur für einzelne Beteiligungen

SBTi-Besonderheit: Der SBTi Financial Institutions Standard erlaubt für VC-Fonds die Nutzung von „Avoided Emissions" in begrenztem Umfang – aber nur, wenn ihr nachweist, dass eure Portfolio-Unternehmen tatsächlich Emissionen ersetzen (z.B. Renewable Energy statt fossile Brennstoffe).

Mehr zu VC-spezifischem ESG-Reporting findet ihr in unserem Artikel zu Impact Reporting für VCs.

Die größten Fehler bei der Implementierung

Fehler 1: Zu spät anfangen

Realität November 2025: Viele Finanzinstitute glauben, sie haben noch Zeit bis 2026 oder 2027. Falsch. Mit der EBA-Deadline Januar 2026 und der ersten CSRD-Berichterstattung im Frühjahr 2026 müssen eure Prozesse JETZT stehen.

Lösung: Startet sofort mit Phase 1 (Strategische Entscheidung) und parallel mit Phase 2 (Datenerhebung). Ihr braucht mindestens 12 Monate für eine solide Implementierung.

Fehler 2: Perfektionismus bei Datenqualität

Häufiges Problem: Teams warten darauf, dass alle Kreditnehmer eigene CO₂-Bilanzen haben. Das wird nie passieren.

Lösung: Akzeptiert, dass 70 bis 80 Prozent eurer Daten Score 3 bis 5 haben werden. Das ist PCAF-konform und legitim. Dokumentiert euren Ansatz transparent und plant einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Fehler 3: Fehlende Integration in Geschäftsprozesse

Symptom: Finanzierte Emissionen werden nur für ESG-Reporting berechnet, aber nicht in Kreditentscheidungen oder Risikobewertung genutzt.

Lösung: Integriert finanzierte Emissionen und Transitionsrisiken in:

  • Kreditrisikomodelle (Ausfallwahrscheinlichkeit bei CO₂-intensiven Sektoren)
  • Portfolio-Allokationsentscheidungen (Sektor-Limits für High-Emitter)
  • Pricing (Climate Risk Premium für emissionsintensive Kredite)

Fehler 4: Unterschätzung der Change-Management-Herausforderung

Problem: Kreditanalysten und Portfolio-Manager sehen finanzierte Emissionen als „ESG-Thema", nicht als Risiko-Thema.

Lösung:

  • Schulungen: Erklärt, wie Transitionsrisiken zu Kreditausfällen führen können
  • Incentives: Integriert Dekarbonisierungsziele in variable Vergütung von Portfoliomanagern
  • Top-Down-Support: Vorstand muss Klimaziele klar priorisieren

Mehr zu ESG-Integration und Unternehmensführung findet ihr in unserem Artikel zu ESG als EBITDA-Hebel.

Zukunftsausblick: Was kommt nach 2026?

Trend 1: Standardisierung durch Regulatory Tech

Die massiven Datendiskrepanzen und methodischen Inkonsistenzen werden zunehmend durch regulatorische Standards adressiert. Erwartet bis 2027:

  • Einheitliche ESG-Datenstandards (z.B. EU Digital Product Passport)
  • Verpflichtende Emissionsoffenlegung für alle CSRD-pflichtigen Unternehmen (verbessert Datenqualität erheblich)
  • API-basierte Datenübertragung zwischen Unternehmen und Finanzinstituten

Trend 2: Von Reporting zu Engagement

Die Phase der reinen Messung ist vorbei. Ab 2026 liegt der Fokus auf aktiver Dekarbonisierung:

  • Engagement-Programme: Banken und Asset Manager werden systematisch mit Kreditnehmern/Portfolio-Unternehmen arbeiten, um Emissionen zu reduzieren
  • Transitionsfinanzierung: Neue Finanzprodukte (Sustainability-Linked Loans, Transition Bonds) mit Klima-Konditionalitäten
  • Collaborative Initiatives: Branchenweite Zusammenarbeit (z.B. Net Zero Banking Alliance) gewinnt an Bedeutung

Trend 3: Scope 3 wird zum Standard

Bislang berichten die meisten Finanzinstitute nur finanzierte Emissionen auf Scope-1- und Scope-2-Basis ihrer Kreditnehmer. Das wird sich ändern:

  • Scope-3-Einbeziehung: Vollständige Lieferketten-Emissionen werden Teil der Berechnung
  • Datenqualität verbessert sich: Mit CSRD-Verpflichtung haben mehr Unternehmen Scope-3-Daten
  • Komplexität steigt: Doppelzählungen vermeiden wird kritisch

Trend 4: Versicherungsbezogene Emissionen im Fokus

Mit PCAF Part C (2025 aktualisiert) rücken Versicherungen in den Fokus:

  • Insurance Associated Emissions (IAE): Neue Berichtspflicht für Versicherer
  • Risiko-basierte Zurechnung: „Follow the Risk"-Prinzip zwischen Erst- und Rückversicherer
  • Integration in Underwriting: Emissionsintensität wird Pricing-Faktor

Eine vollständige Analyse der regulatorischen Entwicklungen findet ihr in unserem CSRD-Reporting-Guide.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen finanzierten und erleichterten Emissionen?

Finanzierte Emissionen entstehen durch direkte Kapitalbereitstellung (Kredite, Eigenkapital, Anleihen), bei denen ihr einen proportionalen Anteil an den Emissionen des Kreditnehmers zugerechnet bekommt. Erleichterte Emissionen entstehen durch Beratungs- oder Vermittlungsdienstleistungen (z.B. M&A-Advisory, Brokerage), bei denen ihr keine direkte Kapitalbeteiligung habt. Die Zurechnung ist bei erleichterten Emissionen deutlich komplexer und oft nur qualitativ möglich.

Warum sind finanzierte Emissionen für Banken wichtig?

Drei Gründe: (1) Regulatorische Verpflichtung ab Januar 2026 durch EBA-Richtlinien, (2) Transitionsrisiken in Kreditportfolios identifizieren und managen, (3) Investoren- und Stakeholder-Erwartungen erfüllen. Finanzierte Emissionen machen typischerweise 95 bis 99 Prozent der Gesamtemissionen eines Finanzinstituts aus – ohne deren Messung ist kein glaubwürdiges Net-Zero-Ziel möglich.

Was ist eine finanzierte Emission?

Eine finanzierte Emission ist der Anteil an Treibhausgasemissionen eines Unternehmens, der eurem Finanzierungsanteil entspricht. Berechnet wird sie nach der PCAF-Formel: (Eure Finanzierung / Unternehmenswert) × Emissionen des Kreditnehmers. Beispiel: Ihr finanziert 10 Prozent der Bilanzsumme eines Unternehmens mit 50.000 Tonnen CO₂e – eure finanzierten Emissionen sind 5.000 Tonnen CO₂e.

Was ist der Unterschied zwischen finanzierten Emissionen und betrieblichen Emissionen?

Betriebliche Emissionen (Operational Emissions) umfassen Scope 1 (direkte Emissionen aus eigenen Quellen wie Heizung, Fuhrpark) und Scope 2 (indirekte Emissionen aus eingekauftem Strom). Finanzierte Emissionen gehören zu Scope 3, Kategorie 15, und entstehen durch eure Finanzierungs- und Investmenttätigkeit. Für eine Bank machen betriebliche Emissionen typischerweise unter 1 Prozent der Gesamtemissionen aus – finanzierte Emissionen über 99 Prozent.

Wie lange dauert die Implementierung von finanziertem Emissionsreporting?

Mindestens 12 Monate für eine vollständige Implementierung über alle priorisierten Asset-Klassen. Die Phasen: Strategische Entscheidung (1-2 Monate), Datenerhebung und Tool-Auswahl (2-4 Monate), Pilotierung (4-8 Monate), Roll-out (8-12 Monate). Plant zusätzlich 6 Monate für die Integration in bestehende Risiko- und Reporting-Prozesse. Startet ihr im November 2025, seid ihr zur EBA-Deadline Januar 2026 zu spät – beschleunigt durch externe Unterstützung.

Welche Datenqualität ist realistisch erreichbar?

Bei börsennotierten Großunternehmen: Score 1 bis 2 (70 bis 80 Prozent der Großkredite). Bei Mittelstandskrediten: Score 3 bis 4 (Branchendurchschnitte). Bei Kleinunternehmen und Privatkrediten: Score 4 bis 5 (regionale Durchschnitte). Akzeptiert diese Realität – PCAF erlaubt ausdrücklich die Nutzung von Schätzungen, solange ihr den Datenqualitätsscore transparent dokumentiert.

Müssen wir Scope-3-Emissionen unserer Kreditnehmer einbeziehen?

PCAF verlangt mindestens Scope 1 und Scope 2. Scope 3 ist optional, wird aber zunehmend Standard. Mit CSRD ab 2025 haben immer mehr Unternehmen Scope-3-Daten verfügbar, sodass ihr diese mittelfristig einbeziehen solltet. Der neue SBTi-Standard für Finanzinstitute fordert zudem, dass 90 Prozent eurer finanzierten Emissionen durch Unternehmen mit validierten SBTi-Zielen abgedeckt sind – und SBTi verlangt von Unternehmen die Einbeziehung wesentlicher Scope-3-Kategorien.

Wie gehen wir mit fehlenden Emissionsdaten um?

Dreistufiger Ansatz: (1) Aktive Anfrage bei Top-100-Kreditnehmern, (2) Nutzung von ESG-Datenanbietern für börsennotierte Unternehmen, (3) Branchendurchschnitte nach NACE-Code für fehlende Daten. Dokumentiert euren Ansatz transparent und plant einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Nutzt Kreditgespräche, um Kunden zur CO₂-Bilanzierung zu bewegen – viele wissen nicht, dass sie diese Daten bald ohnehin für CSRD brauchen.

Was kostet die Implementierung?

Abhängig von Größe und Komplexität: Kleine Regionalbank (10-50 TEUR für Software + externe Beratung), mittelgroße Bank (100-300 TEUR), Asset Manager mit mehreren Fonds (200-500 TEUR), internationales Finanzinstitut (1-3 Mio. EUR). Die größten Kostenblöcke: (1) Software-Lizenzen für Carbon-Accounting-Tools, (2) externe Beratung für Methodenentwicklung, (3) interne Ressourcen für Datenerfassung und Prozess-Integration.

Wie bereiten wir uns auf die SFDR-Review vor?

Baut flexible, modulare Reporting-Systeme auf, die schnell auf Änderungen reagieren können. Die finalen PAI-Anforderungen stehen erst Q1 2026 fest. Vermeidet starre IT-Systeme, die nur auf die aktuellen 18 verpflichtenden PAIs ausgelegt sind. Plant jetzt schon die Neuklassifizierung eurer Artikel-8- und Artikel-9-Fonds in die neuen Kategorien („Sustainable", „Transition", „ESG Collection"). Dokumentiert eure Methodenentscheidungen transparent, um bei der Reklassifizierung nachweisen zu können, warum ihr welche Kategorie gewählt habt.

Wo finden wir Unterstützung bei der Umsetzung?

Spezialisierte ESG-Beratungen (wie Fiegenbaum Solutions) unterstützen bei Methodenentwicklung, Tool-Auswahl und Prozess-Integration. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bieten Limited-Assurance-Reviews für finanzierte Emissionen an. Software-Anbieter wie Clarity AI, Carbon Delta oder Sust Global bieten spezialisierte Tools für finanzierte Emissionen. Branchenverbände (z.B. VfU – Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten) bieten Peer-Learning-Formate an.

Quellen

Amundi Investment Institute. (2025). PAI-Statements im Vergleich: Datendiskrepanzen bei Scope-3-Emissionen. Amundi Asset Management.

Danes Mead Advisory. (2025). Leaked SFDR proposal: Three new product categories to replace Article 6, 8 and 9. Abgerufen von https://www.danesmeadadvisory.com/news/leaked-sfdr-proposal

Deloitte. (2025). Weiterentwicklung von PCAF und SBTi: Implikationen für Finanzinstitute. Deloitte Germany.

FMA Österreich. (2025). PCAF-Standard 2025: Aktualisierungen Teil A und C. Österreichische Finanzmarktaufsicht.

iPoint Systems. (2025). CSRD Scope 3: Vollständige Quantifizierung aller wesentlichen Kategorien. Abgerufen von https://go.ipoint-systems.com/de/blog/csrd-scope-3

Partnership for Carbon Accounting Financials. (2025). The Global GHG Accounting and Reporting Standard Part A: Financed Emissions (Second Edition). PCAF.

PwC Blogs. (2025). Klimareporting I: Wie erheben Banken ihre Scope-3-Emissionen? PwC Deutschland. Abgerufen von https://blogs.pwc.de/de/sustainability/article/245844/

PwC Blogs. (2025). Konsultation zur Erweiterung des PCAF-Standards Part C: Versicherungsbezogene Emissionen. PwC Deutschland. Abgerufen von https://blogs.pwc.de/de/sustainability/article/246628/

Simmons & Simmons. (2025). Leaked draft of SFDR 2.0: An ESG earthquake on its way. Abgerufen von https://www.simmons-simmons.com/en/publications/cmhnomyv60190ve38edzrtvey/

Sustainable Finance Beirat. (2025). Positionspapier zur SFDR-Revision: PAI-Statements verschlanken und harmonisieren. Bundesministerium der Finanzen.

Weiterführende Ressourcen

Quick Checks und Frameworks:

Vertiefende Leitfäden:

Für VCs und Impact Investoren:

Beratung und Unterstützung: Benötigt ihr strategische Unterstützung bei der Implementierung von finanziertem Emissionsreporting? Bucht ein unverbindliches Erstgespräch über unsere Kontaktseite oder nutzt unsere spezialisierten Nachhaltigkeitsberatungs-Services.

Dieser Artikel wurde im November 2025 verfasst und berücksichtigt die aktuellsten regulatorischen Entwicklungen, einschließlich des PCAF-Updates 2025, des SBTi Financial Institutions Net-Zero Standard v0.1 und des geleakten SFDR-Vorschlags. Bei Fragen zur strategischen Umsetzung stehen wir gerne zur Verfügung.