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Szenarioplanung für Klimarisiken: So interpretiert ihr RCP- und SSP-Daten richtig

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Wie können Unternehmen Klimarisiken besser bewerten? Die Antwort liegt in der Nutzung von RCP- und SSP-Daten. Diese Szenarien helfen, zukünftige Klimarisiken und sozioökonomische Entwicklungen zu verstehen und strategisch darauf zu reagieren.

Wichtigste Erkenntnisse:

  • RCP-Szenarien zeigen, wie Treibhausgaskonzentrationen die globale Temperatur beeinflussen können (z. B. RCP 1.9 für <1,5 °C Erwärmung).
  • SSP-Szenarien beschreiben sozioökonomische Entwicklungen und deren Einfluss auf Klimaschutzmaßnahmen.
  • Unternehmen sollten mindestens zwei Szenarien (optimistisch, realistisch, pessimistisch) auswählen und diese in ihre strategische Planung einbinden.

3 Schritte zur Anwendung:

  1. Szenarien auswählen: Kombiniert RCP- und SSP-Daten, abgestimmt auf eure Branche.
  2. Regulatorische Standards erfüllen: Berücksichtigt Vorgaben wie CSRD und EU-Taxonomie.
  3. Daten ins Risikomanagement integrieren: Analysiert Risiken qualitativ und quantitativ.

Beispiel: Unternehmen wie Nestlé Deutschland nutzen Klimaszenarien, um Lieferketten anzupassen und ESG-Strategien zu optimieren. Tools wie der Regionale Klimaatlas Deutschland oder der Climate Impact Explorer unterstützen dabei.

Auch kleinere und mittlere Unternehmen können Szenarien sinnvoll einsetzen – z. B. indem sie zwei kontrastierende Szenarien für Investitionsentscheidungen, Standortplanung oder Versicherungsbewertungen gegenüberstellen. Besonders hilfreich ist hier die Kombination regionaler Klimaprognosen mit branchenbezogenen SSP-Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung.

Fazit: Die richtige Nutzung von RCP- und SSP-Daten ermöglicht es Unternehmen, Klimarisiken zu minimieren und Chancen zu nutzen.

RCP und SSP Daten: Grundlagen

RCP und SSP Definitionen

RCP (Representative Concentration Pathways) und SSP (Shared Socioeconomic Pathways) sind Werkzeuge, die helfen, Klimarisiken besser zu verstehen. Während RCPs verschiedene Szenarien der Treibhausgaskonzentrationen beschreiben, zeigen SSPs, wie sich sozioökonomische Entwicklungen in Zukunft gestalten könnten.

Hier ein Überblick über die wichtigsten RCP-Szenarien:

Szenario Beschreibung Temperaturanstieg bis 2100
RCP 1.9 Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 1,5 °C < 1,5 °C
RCP 2.6 CO2-Emissionen sinken ab 2020, Nullemissionen bis 2100 1,5–2,0 °C
RCP 4.5 Rückgang der CO2-Emissionen ab 2045, Halbierung bis 2100 2,0–3,0 °C
RCP 8.5 Anhaltender Anstieg der Emissionen > 4,0 °C

Diese Szenarien bilden die Basis für regionale Klimaprognosen und die Bewertung von Risiken.

Deutsche Klimaszenarien

Für Unternehmen in Deutschland sind die regionalen Klimafolgen besonders wichtig. Das Climate Service Center Germany (GERICS) hat detaillierte Klimaprognosen für alle 401 deutschen Landkreise, Regionen und kreisfreien Städte erstellt. Dabei zeigen die Daten:

  • Erwärmung in Bergregionen wie den Alpen und dem Schwarzwald wird stärker ausfallen.
  • Höheres Risiko von Hitzetagen und Tropennächten (Nächte mit Temperaturen über 20 °C) in der Oberrheinebene.
  • Zunehmende Starkregenereignisse in vielen Teilen Deutschlands.

Ein Beispiel: Im Landkreis Karlsruhe wird – ohne effektive Klimaschutzmaßnahmen – eine deutliche Zunahme von Hitzetagen, Tropennächten und längeren Hitzeperioden erwartet.

Wichtig: Regionale Unterschiede sind groß. Während Unternehmen im Norden mit zunehmender Windintensität planen müssen, stellt im Süden Deutschlands die Zunahme von Trockenperioden eine zentrale Herausforderung dar – etwa für Produktionsprozesse mit hohem Wasserbedarf. Klimaszenarien sollten daher auf konkrete Standorte heruntergebrochen werden.

Methoden zur Klimarisikobewertung

Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 (KWRA) bietet eine strukturierte Vorgehensweise, um Klimarisiken zu bewerten.

  • Regionale Analyse: Nutzen Sie GERICS-Klimaausblicke, um lokale Klimarisiken besser einzuschätzen.
  • Szenarienvergleich: Verschiedene Klimaschutzszenarien zu vergleichen, hilft bei der Planung von Anpassungsmaßnahmen.
  • Risikobewertung: Mit dem KWRA-Rahmen können physische und Transformationsrisiken systematisch bewertet werden.

Unternehmen sollten bei der Nutzung von RCPs und SSPs stets den zugrunde liegenden Zeithorizont und Modellannahmen mitdokumentieren. Während RCPs eher klimaphysikalische Trajektorien abbilden, helfen SSPs bei der Ableitung politischer, regulatorischer oder technologischer Trends – etwa für Scope-3-Berechnungen oder Lieferkettenanalysen.

The SSP RCP scenario framework status and next steps ...

3 Schritte zur Nutzung von RCP/SSP-Daten

Mit diesen drei Schritten könnt RCP- und SSP-Daten gezielt nutzen, um Ihre unternehmerische Risikobewertung und ESG-Strategie zu verbessern.

1. Szenarien auswählen

Wähle mindestens zwei kontrastierende Szenarien aus, die für euer Unternehmen relevant sind. Die Auswahl geeigneter Szenarien sollte in enger Abstimmung mit der Risikobewertung und Unternehmensstrategie erfolgen. Oft lohnt es sich, einen expliziten „Worst Case“ für Extremszenarien (RCP 8.5) aufzunehmen – auch wenn dieser als zunehmend unwahrscheinlich gilt –, um Belastbarkeitsgrenzen oder Versicherungsbedarfe zu analysieren.

Hier einige empfohlene Kombinationen:

Szenario-Typ Empfohlene Kombination Anwendungsbereich
Optimistisch RCP 2.6 mit SSP1 Erfüllung der Pariser Klimaziele
Realistisch RCP 4.5 mit SSP2 Mittlere Anpassungspfade
Pessimistisch RCP 8.5 mit SSP5 Stress-Tests für Extremszenarien

Diese Szenarien sollten plausibel, unterscheidbar und auf eure spezifischen Anforderungen abgestimmt sein. Berücksichtigt dabei auch unterschiedliche Zeithorizonte:

  • Kurzfristig: bis 2025
  • Mittelfristig: bis 2030 (SDG-Ziele)
  • Langfristig: bis 2050 (Klimaneutralität)

2. Regulatorische Standards erfüllen

Stellt sicher, dass eure Szenarioanalyse den geltenden deutschen und EU-Vorgaben entspricht. Dokumentiert dabei klar und nachvollziehbar:

  • Die verwendeten Datenquellen und Annahmen
  • Die eingesetzten Analyseverfahren (qualitativ und quantitativ)
  • Die Ergebnisse Ihrer Szenarioanalyse

Fokusbereiche sollten folgende Risiken umfassen:

  • Physische Klimarisiken
  • Transformationsrisiken (z. B. durch Politik, rechtliche Vorgaben oder technologische Veränderungen)
  • Markt- und Reputationsrisiken

Nutzt die Ergebnisse, um diese systematisch in Ihr Risikomanagement einzubinden. Im Rahmen der CSRD-Berichtspflicht ist künftig auch die Darstellung von klimabezogenen Risiken unter Nutzung standardisierter Szenarien (z. B. durch ESRS E1) erforderlich. RCP- und SSP-Kombinationen helfen dabei, doppelte Wesentlichkeit (Impact & Financial Materiality) fundiert zu begründen – insbesondere bei der Bewertung von physischen Risiken.

3. Daten ins Risikomanagement integrieren

Integriert die analysierten Daten in drei klaren Schritten in Ihr Risikomanagement:

  1. Qualitative Bewertung
    Startet mit einer qualitativen Einschätzung, um erste Risiken zu identifizieren und eine Grundlage für detailliertere Analysen zu schaffen.
  2. Quantitative Analyse
    Entwickelt konkrete Indikatoren für die identifizierten Risiken. Zum Beispiel könnten CO₂-Konzentrationen unter dem RCP 8.5 Szenario bis 2100 etwa 950 ppm erreichen.
  3. Maßnahmenplanung
    Erstellt einen klaren Maßnahmenplan, der Folgendes umfasst:
    • Kurz- und mittelfristige Anpassungsstrategien
    • Meilensteine zur Reduktion von Risiken
    • Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen

"By agreeing on a limited set of scenarios, researchers (especially climate modelers) can be more sure they are comparing apples with apples when conducting their research and communicating their results." - David Furphy

Szenarioplanung für ESG-Ziele

Verbindung von Szenarien und ESG-Zielen

Die Kombination von Klimaszenarien mit ESG-Zielen hilft Unternehmen, effektive Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln. Dabei sollten sowohl physische als auch Übergangsrisiken über verschiedene Zeiträume hinweg berücksichtigt werden:

Zeithorizont Schwerpunkt Bewertungsfaktoren
Kurzfristig (bis 2025) Operative Maßnahmen CO₂-Preise, Regulierungen, Lieferketten
Mittelfristig (bis 2030) Erreichung von SDG-Zielen Technologische Entwicklungen, Marktveränderungen
Langfristig (bis 2050) Klimaneutralität Physische Risiken, Anpassung des Geschäftsmodells

Die Analyse sollte nicht nur die eigenen Betriebsabläufe umfassen, sondern auch die gesamte Wertschöpfungskette einbeziehen. Es ist wichtig, Datenquellen, Methoden, Auswirkungen und mögliche Anpassungen klar zu dokumentieren. Ein praktisches Beispiel zeigt, wie diese Verknüpfung in der Realität funktioniert.

Beispiele aus der deutschen Unternehmenspraxis

Ein Blick auf deutsche Unternehmen zeigt, wie die Integration von Klimaszenarien in ESG-Strategien umgesetzt werden kann. Ein Beispiel dafür ist Nestlé Deutschland, das 2021 Klimaszenarien zur Analyse seiner Lieferketten herangezogen hat. Auf Basis dieser Analyse entwickelte das Unternehmen eine umfassende Transformationsstrategie mit Maßnahmen wie:

  • Ersetzung tierischer durch pflanzliche Inhaltsstoffe
  • Anpassung der Produktentwicklung an identifizierte Klimarisiken
  • Einführung neuer Nachhaltigkeitskriterien für Zulieferer

"Scenario analysis enables companies to develop strategies that are adaptable and resilient to numerous climate-related risks and opportunities." – Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD)

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie Unternehmen RCP- und SSP-Daten nutzen können, um ihre ESG-Strategien zukunftssicher zu gestalten. Der Schlüssel liegt in der systematischen Einbindung der Erkenntnisse in bestehende Managementprozesse sowie in einer offenen Kommunikation mit Investoren und anderen Stakeholdern.

Die Einbindung von Klimaszenarien unterstützt auch die Erreichung von Transformationszielen, etwa durch simulationsgestützte Planung von CO₂-Absenkpfaden. Unternehmen können so überprüfen, ob ihre Investitionsentscheidungen tatsächlich „Paris-kompatibel“ sind – ein entscheidendes Kriterium für viele Impact-Investoren und ESG-Ratings.

Planungstools für deutsche Unternehmen

Überblick über verfügbare Tools

Der Regionale Klimaatlas Deutschland bietet detaillierte regionale Szenarien. Mit insgesamt 120 Szenarien ermöglicht er eine präzise Analyse potenzieller Klimaveränderungen, speziell auf deutsche Gegebenheiten abgestimmt und regelmäßig aktualisiert.

Ein weiteres wichtiges Werkzeug ist der Climate Impact Explorer, der Klimaauswirkungen ab einer Erwärmung von 1,5 °C analysiert. Die geografischen Analyseebenen und ihre Anwendungsbereiche sind:

Analyseebene Verfügbare Daten Einsatzmöglichkeiten
Kontinental Großräumige Klimatrends Langfristige strategische Planung
National Deutsche Klimaszenarien Erfüllung regulatorischer Vorgaben
Regional Lokale Auswirkungen Maßnahmen für spezifische Standorte

Zusätzlich stellt die SSP-Datenbank des IIASA präzise sozioökonomische Projektionen bereit. Diese enthält aktuelle Szenarien mit Strahlungsantriebswerten von 1,9 W/m² und ist besonders nützlich für die Entwicklung von Strategien zur Erreichung von Netto-Null-Zielen.

Das KliVO-Portal bietet ergänzend aktuelle Klimadaten und Anpassungsservices, die Unternehmen dabei helfen, Klimaszenarien systematisch in ihre Planungsprozesse zu integrieren.

Diese Tools bieten eine solide Datengrundlage, die optimal mit meinen Dienstleistungen kombiniert werden können.

Zusätzlich empfehlen sich Branchenleitfäden, etwa von BDI, DIHK oder dem Umweltbundesamt, um sektorspezifische Risiken und Datenquellen zu identifizieren. Diese Hilfsmittel unterstützen bei der Interpretation technischer Daten und der Umsetzung in praxisnahe Maßnahmenpläne.

Dienstleistungen von Fiegenbaum Solutions

Fiegenbaum Solutions

Ich unterstütze Unternehmen dabei, diese Daten effektiv zu nutzen, und biete folgende Dienstleistungen an:

  1. Klimarisikobewertung
    Analyse von Klimarisiken, die speziell auf das Unternehmen zugeschnitten ist. Dabei werden verschiedene RCP- und SSP-Szenarien sowie Daten aus dem Regionalen Klimaatlas und dem Climate Impact Explorer einbezogen.
  2. ESG-Strategieentwicklung
    Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, die auf wissenschaftlichen Klimaszenarien basieren. Dabei werden auch Anforderungen wie CSRD und CBAM berücksichtigt.
  3. Datengestützte Entscheidungsfindung
    Integration von Klimaszenarien in Managementsysteme, um fundierte Entscheidungen zu Investitionen und Anpassungen zu treffen.

Die wichtigsten Erkenntnisse

Nach der Erläuterung der Analyseverfahren und Anwendungsbeispiele lassen sich die zentralen Punkte zur Nutzung von RCP- und SSP-Daten wie folgt zusammenfassen:

Die Planung von Szenarien hängt von diesen Schlüsselfaktoren ab:

  • Szenarien sollten glaubwürdig, klar unterscheidbar und auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten sein.
  • Eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Analysen ist entscheidend.
  • Externe Einflüsse dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Wichtige Elemente für die Umsetzung

Element Beschreibung Bedeutung für die Praxis
Zeithorizonte Kurz-, mittel- und langfristige Planung Hilft bei der Entwicklung gestufter Strategien
Reichweite Fokus auf Betrieb und Lieferkette Deckt Risiken umfassend ab
Dokumentation Klare Darstellung von Methoden und Ergebnissen Essenziell für die Kommunikation mit Investoren

Empfehlungen für die Anwendung

  • Startet mit einer qualitativen Analyse und erweitert diese schrittweise um quantitative Ansätze.
  • Haltet die Ergebnisse der Szenarioanalyse klar und strukturiert fest, um sie Investoren zugänglich zu machen.
  • Entwickelt konkrete Maßnahmenpläne mit klaren Zwischen- und Langzeitzielen.
  • Verankert die Erkenntnisse direkt in der Unternehmensstrategie.

Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Szenarien stellt sicher, dass die Strategien aktuell und wirksam bleiben.

Häufig gestellte Fragen

Hier beantworte ich wichtige Fragen zur Nutzung von RCP- und SSP-Daten in der Praxis.

RCP vs. SSP: Unterschiede und Schwerpunkte

RCPs konzentrieren sich auf Treibhausgasemissionen und den Strahlungsantrieb, während SSPs sozioökonomische Entwicklungen beschreiben.

Szenario-Typ Schwerpunkt Nutzung
RCP Strahlungsantrieb (W/m²) Klimaprognosen und Erwärmungsszenarien
SSP Sozioökonomische Entwicklungen Gesellschaftliche und wirtschaftliche Analysen

Der Strahlungsantrieb wird in Watt pro Quadratmeter (W/m²) gemessen. Zum Vergleich: Eine Verdopplung der CO₂-Konzentration gegenüber vorindustriellen Werten entspricht einem Strahlungsantrieb von 3,7 W/m².

Wie wählt man das passende Szenario?

Die Auswahl hängt von der erwarteten Temperaturentwicklung ab:

  • RCP 1.9: Etwa 1,5 °C Anstieg
  • RCP 2.6: Etwa 2,0 °C Anstieg
  • RCP 4.5: Etwa 2,4 °C Anstieg

Die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) spielen eine immer größere Rolle in der Klimaberichterstattung deutscher Unternehmen, auch weil die CSRD viele Punkte der TCFD übernommen hat.

Nützliche Tools und Ressourcen

Das Umweltbundesamt bietet wertvolle Informationen zur Bewertung physischer Klimarisiken. Für eine effektive Szenarioanalyse:

  • Kombiniert quantitative und qualitative Daten.
  • Überprüft Szenarien regelmäßig.
  • Berücksichtigt Unsicherheiten bei der Analyse.

Mehr als die Hälfte der untersuchten Fallstudien greift auf Klimaprojektionen oder allgemeine Trends aus globalen und regionalen Klimamodellen zurück. Dies zeigt, wie wichtig eine solide Datengrundlage ist.

Johannes Fiegenbaum

Johannes Fiegenbaum

Ein unabhängiger Berater, der Unternehmen hilft, die Zukunft zu gestalten und langfristiges Wachstum zu erreichen.

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