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EU-Taxonomie im Wandel: Vereinfachungen durch das Omnibus-Paket 2025

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Die EU-Taxonomie wird durch das Omnibus-Paket 2025 deutlich vereinfacht. Weniger Berichtspflichten, höhere Schwellenwerte und klarere Vorgaben sorgen für eine Entlastung vieler Unternehmen, insbesondere des Mittelstands in Deutschland.

Hinweis: Die im Artikel beschriebenen Änderungen sind Vorschläge der EU-Kommission und Teil des sogenannten „Omnibus-Vereinfachungspakets“. Sie befinden sich noch im Gesetzgebungsverfahren und müssen von Parlament und Rat bestätigt werden.
Die finalen Vorgaben können sich daher noch ändern.

Die wichtigsten möglichen Änderungen auf einen Blick:

  • Berichtspflicht: Gilt nur noch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz über 450 Mio. € (vorher: 500 Mitarbeitende, 40 Mio. € Umsatz).
  • Reduktion der Berichtspflichten: Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen sinkt um 80 %.
  • Neue Wesentlichkeitsschwelle: Fokus auf relevante Daten ab 10 % Materialität.
  • Erleichterungen für KMU: Weniger Dokumentations- und Lieferkettenanforderungen.
  • Teilkonformität möglich: Unternehmen können angeben, wenn sie nur teilweise die Kriterien erfüllen.

Diese Änderungen reduzieren den bürokratischen Aufwand erheblich und ermöglichen Unternehmen, sich stärker auf ihre Kernaktivitäten zu konzentrieren. Gleichzeitig sollen EU-weite ESG-Regelungen widerstandsfähiger gegenüber geopolitischem Druck und transatlantischer Regulierung werden – durch mehr Fokus auf Risikomaterialität und Effizienz statt reiner Regelbefolgung.

Hauptänderungen im Omnibus-Paket

Vereinfachte Berichterstattungsregeln

Neue Berichtsvorlagen erleichtern die Anforderungen für Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen. Die „Do No Significant Harm“-Anforderungen werden klarer definiert, und eine Wesentlichkeitsschwelle hilft, sich auf relevante Kennzahlen zu konzentrieren. Berichtspflichten für operative Ausgaben werden eingeschränkt, und Unternehmen können angeben, wenn Aktivitäten nur teilweise die technischen Bewertungskriterien erfüllen. Diese Änderungen schaffen eine Grundlage für einfachere Regeln für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Neue Regeln für KMU

Für KMU in Deutschland bringt das folgende Änderungen:

  • Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden oder einem Umsatz von unter 450 Mio. € sind von der Berichtspflicht ausgenommen. Dadurch sinkt die Berichtslast um 35 %, und der EFRAG-SME-Standard kann freiwillig genutzt werden.
  • Informationspflichten entlang der Lieferkette werden reduziert, um unverhältnismäßige Anforderungen zu vermeiden.

Zusätzlich werden die Dokumentationspflichten deutlich reduziert.

Aktualisierte Dokumentationsanforderungen

Die Anforderungen an Dokumentation und Prüfungen wurden angepasst, um Aufwand und Kosten zu verringern:

  • Die DNSH-Anforderungen und Assurance-Pflichten werden gesenkt.
  • Due-Diligence-Pflichten beschränken sich auf direkte Geschäftspartner.
  • Überprüfungsintervalle für Due-Diligence-Prozesse werden von jährlich auf fünf Jahre verlängert.

"Put simply, we cannot hope or expect to successfully compete in a perilous world with one hand behind our backs." - Valdis Dombrovskis, European Commissioner for Trade

Die Anpassungen der EU-Taxonomie sind Teil der breiteren EU-Wettbewerbsagenda, mit der die Kommission auf die Kritik reagiert, europäische Unternehmen durch Überregulierung zu belasten.
Ziel ist es, ESG-Vorgaben mit wirtschaftlicher Resilienz und digitalem Wandel in Einklang zu bringen.

ESG-Strategieänderungen für deutsche Unternehmen

Aktualisierte Compliance-Schritte

Mit den überarbeiteten Dokumentationspflichten kommt nun die Verbesserung der Compliance-Prozesse. Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von über 450 Mio. € sind weiterhin verpflichtet, EU-Taxonomie-KPIs bereitzustellen.

Ein Überblick der wichtigsten Änderungen:

  • Wesentlichkeitsschwelle: Festgelegt bei 10 %
  • Berichtsrhythmus: Künftig alle zwei Jahre
  • Taxonomie-Alignment: Teilweise Erfüllung ist möglich

Die neuen Berichtsvorlagen erleichtern die Datenverwaltung erheblich. Unternehmen sollten ihre Datenprozesse an die aktualisierten ESRS-Vorgaben anpassen und externe Datenquellen einbinden, um mögliche Informationslücken zu schließen.

Anpassung des Geschäftsmodells

Neben den Compliance-Anforderungen bringt das Omnibus-Paket auch die Notwendigkeit mit sich, Geschäftsmodelle anzupassen. Besonders wichtig ist hierbei die neue Option, eine Teilkonformität zur EU-Taxonomie zu melden, selbst wenn nicht alle technischen Screening-Kriterien erfüllt werden.

Teilkonformität bedeutet, dass Unternehmen ihre EU-Taxonomie-KPIs auch dann melden können, wenn bestimmte technische Kriterien (z. B. DNSH) nur teilweise erfüllt werden. Dies fördert Transparenz, ohne Unternehmen vollständig auszuschließen – birgt aber auch das Risiko einer Verwässerung der Vergleichbarkeit.

Kreditinstitute können künftig bei der Berechnung der Green Asset Ratio Unternehmen ausklammern, die nicht mehr unter den geänderten CSRD-Anwendungsbereich fallen. Dazu zählen beispielsweise Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden und einem Nettoumsatz unter 50 Mio. € oder einer Bilanzsumme unter 25 Mio. €.

Die Verringerung des CSRD-Anwendungsbereichs um etwa 80 % ermöglicht es, den Fokus auf die zentralen Aspekte der Nachhaltigkeit zu legen. Daraus ergeben sich unter anderem folgende Vorteile:

  • Konzentration auf relevante Taxonomie-Aktivitäten
  • Effizientere Nutzung von Ressourcen
  • Bessere Datenqualität durch gezieltere Erhebung

Im nächsten Abschnitt erfahrt ihr, wie ihr diese neuen Vorgaben in der Praxis umsetzen könnt.

Implementierungsleitfaden

Umsetzungsschritte

Zunächst sollten Unternehmen prüfen, ob sie unter den geänderten Anwendungsbereich der CSRD fallen. Unternehmen mit einem Nettoumsatz von bis zu 450 Mio. € können freiwillig berichten, während größere Unternehmen dazu verpflichtet sind.

Der Prozess zur Umsetzung lässt sich in drei Hauptphasen unterteilen:

  1. Vorbereitungsphase
    Analysiert eure aktuellen Berichtsprozesse und identifiziert, wo Anpassungen notwendig sind. Berücksichtigt dabei die Wesentlichkeitsschwelle bei der Voranalyse.
  2. Anpassungsphase
    Überarbeitet eure Datenmanagementsysteme und Berichtsabläufe. Für Kreditinstitute bedeutet dies beispielsweise, dass Exponierungen gegenüber Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden aus der Green Asset Ratio-Berechnung ausgeschlossen werden müssen.
  3. Implementierungsphase
    Schult eure Mitarbeitenden und setzt die überarbeiteten Prozesse um.

Diese Schritte helfen, die EU-Taxonomie in Ihre Unternehmensstrategie einzubinden und ermöglichen langfristig Automatisierung und Monitoring. Spezialisierte Tools für Automatisierung und KPI-Berechnung können dabei eine große Unterstützung sein – mehr dazu im nächsten Abschnitt.

Tools und Datenanalyse

Nach Abschluss der Umsetzungsphasen können spezialisierte Softwarelösungen den Prozess effizienter gestalten. Sie bieten Funktionen wie:

  • Automatisierte Erstellung von Berichten, Taxonomie-Bewertungen und KPI-Berechnungen (z. B. Umsatz, CapEx, OpEx)
  • Integration von ESG-Daten in bestehende IT-Systeme

Durch den Einsatz solcher Tools wird eine kontinuierliche Fortschrittskontrolle erleichtert, was sowohl die Datenqualität als auch die Einhaltung der Vorgaben sicherstellt. Weitere Details dazu im Abschnitt zur Fortschrittskontrolle.

Fortschrittskontrolle

Die Überwachung der Fortschritte sollte auf den implementierten Tools basieren. Eine effektive Methodik umfasst:

  • Quartalsweise Prüfung der Vollständigkeit und Qualität der ESG-Daten
  • Regelmäßige Bewertung der Einhaltung der Taxonomie-Anforderungen
  • Anpassung der Prozesse bei neuen regulatorischen Vorgaben
  • Einbindung von Nachhaltigkeitskennzahlen in das Performance-Management

"The collaboration saved us a lot of effort because the topic would have been too new, complex, and extensive to tackle without external professional expertise. This hurdle would have been too high otherwise."

Die verschobenen Fristen bieten Unternehmen die Möglichkeit, stabile Offenlegungspraktiken aufzubauen, die auch als Wettbewerbsvorteil genutzt werden können.

Änderungsübersicht: 2024 vs. 2025

Vergleich der Berichtspflichten

Die Unterschiede in den Berichtspflichten zwischen 2024 und 2025 zeigen deutliche Auswirkungen auf die Praxis. Hier die wichtigsten Änderungen zusammengefasst:

  • Berichtspflichtige Unternehmen: Der Schwellenwert steigt von 500 auf über 1.000 Mitarbeitende, kombiniert mit einem Umsatz von über 450 Mio. €. Dies reduziert die Anzahl der betroffenen Unternehmen um 80 %.
  • Berichtsumfang: Umstellung auf vereinfachte Templates, die den Prozess übersichtlicher machen.
  • Materialität: Einführung einer 10 %-Wesentlichkeitsschwelle, die eine klarere Abgrenzung ermöglicht.
  • Dokumentationspflichten: Die Anforderungen, insbesondere für die OpEx-Berichterstattung, werden deutlich reduziert.
  • Administrative Entlastung: Durch die Änderungen werden über 6 Mrd. € an Verwaltungskosten eingespart.

Die Kommission plant, diese Änderungen noch in diesem Jahr umzusetzen und eine Vorbereitungszeit einzuräumen.

Diese Zahlen bilden die Grundlage für die nächsten Schritte bei der Umsetzung und Überwachung.

Omnibus Simplification Package: Änderungen, Einschätzung ...

Kritik an den Vereinfachungen

Obwohl die Erleichterungen für KMU und Großunternehmen breite Zustimmung finden, gibt es auch kritische Stimmen. NGOs und Wissenschaftler:innen befürchten, dass durch die Anhebung der Schwellenwerte und reduzierte OpEx-Berichtspflichten zentrale Nachhaltigkeitsinformationen verloren gehen könnten.

Zudem wird diskutiert, ob die Einführung einer 10 %-Wesentlichkeitsschwelle tatsächlich zur Verbesserung der Datenqualität führt – oder eher als Einfallstor zur „Greenwashing-freundlichen“ Ausblendung unbequemer Sachverhalte dient.

Fazit

Nach der Gegenüberstellung der Berichtspflichten fassen wir die wichtigsten Vorteile und nächsten Schritte zusammen.

Erwartete Ergebnisse

Die im Omnibus-Paket enthaltenen Änderungen, wie die 10 %-Wesentlichkeitsschwelle, die Teilkonformität und die vereinfachte OpEx-Dokumentation, helfen dabei, den Fokus der Berichterstattung auf das Wesentliche zu lenken.

Aktionsplan

Basierend auf diesen Änderungen könnten folgende Schritte sinnvoll sein:

  1. Prüft die Schwellenwerte
    Analysiert, ob euer Unternehmen die neuen Schwellenwerte überschreitet (mehr als 1.000 Mitarbeitende, über 450 Mio. € Umsatz).
  2. Berichterstattung anpassen
    Nutzt die vereinfachten Templates und reduziert die erfassten Datenpunkte.
  3. Implementierungsplan erstellen
    Legt klare Meilensteine, Verantwortlichkeiten und Zeiträume für die Anpassung Ihrer Prozesse und Systeme fest.
  4. Option für freiwillige Berichterstattung prüfen
    Unternehmen, die unterhalb der Schwellenwerte liegen, sollten überlegen, ob eine freiwillige ESG-Berichterstattung nach den vereinfachten Standards strategische Vorteile bringen könnte.
  5. Interne Prozesse optimieren
    Strafft eure Abläufe und integriert ESG-Berichte in eure übergreifende Unternehmensstrategie .

FAQ

Hier findet ihr eine kompakte Übersicht zu den wichtigsten Punkten rund um die EU-Taxonomie und das Omnibus-Paket 2025.

Grundlagen der Taxonomie und Berichtspflichten

  • Ein System zur Einstufung von umweltfreundlichen Wirtschaftsaktivitäten im Rahmen des European Green Deal.
  • Berichtspflicht gilt für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von über 450 Mio. €. Für alle anderen Unternehmen ist die Berichterstattung freiwillig.

Teilkonformität in der EU-Taxonomie

Unternehmen können auch dann berichten, wenn sie nicht alle technischen Bewertungskriterien erfüllen. In den neuen Berichtsvorlagen lässt sich eine Teilkonformität („partially aligned“) kennzeichnen – z. B. durch separate Spalten oder Fußnoten.

Änderungen durch das Omnibus-Paket 2025

  • Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle von 10 %.
  • Reduktion des CSRD-Berichtsumfangs um 80 %.
  • Eingeschränkte Dokumentationspflicht für Betriebsausgaben (OpEx).
  • Möglichkeit zur Teilkonformität.

Wesentlichkeitsschwelle bei 10 %

Die neue Wesentlichkeitsschwelle von 10 % gilt für alle drei EU-Taxonomie-Kennzahlen: Umsatz, CapEx und OpEx. Nur Aktivitäten, die diese Schwelle überschreiten, müssen detailliert offengelegt werden.

Vereinfachungen auch für freiwillig berichtende Unternehmen

Auch Unternehmen unterhalb der Schwellenwerte können die vereinfachten Berichtsvorlagen und Teilkonformitätsregeln nutzen. Das bietet strategische Vorteile und reduziert den Aufwand bei freiwilliger ESG-Berichterstattung.

Änderungen für Finanzunternehmen

Kreditinstitute und andere Finanzunternehmen müssen künftig nur noch Taxonomie-Kennzahlen für pflichtig berichtende Unternehmen in die Green Asset Ratio einbeziehen. Kleine Unternehmen werden ausgeschlossen.

Berichtspflicht für Tochtergesellschaften

Tochtergesellschaften, die unter den neuen Schwellenwerten (1.000 MA / 450 Mio. €) liegen, sind nicht mehr berichtspflichtig, sofern sie nicht börsennotiert sind. Sie können aber freiwillig in Konzernberichte integriert werden.

Prüfen der Berichtspflicht

Berichtspflicht besteht, wenn mindestens zwei der drei Kriterien in zwei aufeinanderfolgenden Jahren erfüllt sind:

  • Mehr als 1.000 Mitarbeitende (FTE)
  • Jahresumsatz über 450 Mio. €
  • Bilanzsumme über 250 Mio. €

Zeitplan

Das Paket tritt 2025 in Kraft und wird parallel zur CSRD mit einer zweijährigen Übergangsfrist eingeführt.

Hilfsmittel und Unterstützung

  • EU-Taxonomie-Navigator: Tools und Leitfäden zur Orientierung.
  • EU-Taxonomie-Compass: Visualisierung der Anforderungen.
  • EU-Taxonomie-Rechner: Unterstützung bei der KPI-Berechnung.
  • Zusätzliche Ressourcen: FAQ-Datenbank, Handbuch für Einsteiger sowie NACE-Zuordnungstabelle.

"The collaboration saved us a lot of effort because the topic would have been too new, complex, and extensive to tackle without external professional expertise. This hurdle would have been too high otherwise."

Johannes Fiegenbaum

Johannes Fiegenbaum

Ein unabhängiger Berater, der Unternehmen hilft, die Zukunft zu gestalten und langfristiges Wachstum zu erreichen.

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