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17 min Lesezeit

Impact Carry erklärt: Warum Wirkung jetzt auch für die VC-Teams zählt

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Impact Carry verbindet finanzielle Ziele mit messbaren Wirkungszielen und verändert damit die Vergütungsstruktur im Venture Capital (VC). Die Idee: VC-Teams erhalten ihren Gewinnanteil (Carried Interest) nur, wenn sowohl finanzielle als auch soziale oder ökologische Ziele erreicht werden. Dieser Ansatz stärkt die Ausrichtung auf nachhaltige Investments und schafft klare Anreize für langfristigen gesellschaftlichen Nutzen.

Die wichtigsten Punkte:

  • Was ist Impact Carry?
    Eine Vergütungsstruktur, die finanzielle Performance und Impact-KPIs (Key Performance Indicators) kombiniert.
  • Wie funktioniert es?
    Auszahlung des Carried Interest erfolgt nur bei Erreichung definierter Wirkungsziele. Beispiel: Ananda Impact Ventures koppelt die Auszahlung an mindestens 60 % erreichte Impact-Ziele.
  • Warum gewinnt es an Bedeutung?
    ESG-Kriterien und nachhaltige Investitionen stehen zunehmend im Fokus. Impact Carry löst den Konflikt zwischen Rendite und Mission.
  • Praxisbeispiele:
    Fonds wie Ananda, Norrsken VC und Rubio Impact Ventures setzen erfolgreich auf Impact Carry und zeigen, dass finanzielle und gesellschaftliche Ziele gleichzeitig erreichbar sind.
  • Herausforderungen:
    Die Definition realistischer KPIs, transparente Prozesse und die Integration in bestehende Fondsstrukturen erfordern sorgfältige Planung.

Dieser Ansatz könnte die VC-Branche nachhaltig prägen und neue Standards in der Verbindung von Rendite und gesellschaftlichem Mehrwert setzen.

So funktioniert Impact Carry

Kernkomponenten von Impact Carry

Nachdem die Modelle eingeführt wurden, werfen wir nun einen Blick darauf, wie Impact Carry in der Praxis funktioniert. Dabei werden zwei Leistungsebenen bewertet: die finanzielle und die wirkungsbezogene. Der Prozess beginnt mit der Festlegung spezifischer Impact-KPIs (Key Performance Indicators) für jedes Portfolio-Unternehmen. Darauf aufbauend wird eine Auszahlungsstruktur definiert, die beide Dimensionen miteinander verknüpft.

Bei jungen Unternehmen, wie etwa in der Pre-Seed- oder Seed-Phase, werden Impact-Ziele für den Zeitraum bis zur Series-A-Finanzierung festgelegt. Für Unternehmen in späteren Entwicklungsphasen (ab Series A) werden diese Ziele entweder angepasst oder neu definiert, um die gesamte Laufzeit des Investments abzudecken. Diese Staffelung orientiert sich an den spezifischen Entwicklungsphasen der Unternehmen.

Ein unabhängiges Impact Advisory Committee überprüft und genehmigt alle KPIs. Sobald ein KPI formal festgelegt ist, wird er schriftlich dokumentiert und den Limited Partners offengelegt. Diese Transparenz ist entscheidend, um Vertrauen zu schaffen und eine objektive Bewertung der Zielerreichung zu ermöglichen.

"In simple terms, this means we help companies to set up impact KPIs and related targets. If they don't make their targets, we don't see our carry. This mechanism avoids conflicts of interest between mission-based impact and financial performance because the VC's return is tied to both."
– Ananda Impact Ventures

Die Bewertung der Impact- und Finanzperformance erfolgt in der Regel gemeinsam beim Exit. Das Impact Advisory Committee entscheidet, ob die festgelegten KPIs erreicht wurden, und kann bei Bedarf einen unabhängigen Drittanbieter zur Verifizierung hinzuziehen. Diese doppelte Kontrolle sorgt für die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse.

Trotz der Bedeutung von Impact Carry bleibt die finanzielle Zielerreichung eine Grundvoraussetzung für den Carried Interest. Impact Carry ersetzt also nicht die finanzielle Leistung, sondern ergänzt sie durch eine zusätzliche Bedingung.

Im nächsten Abschnitt werfen wir einen genaueren Blick auf konkrete Impact-Kennzahlen und deren Anwendung.

Impact-Kennzahlen und KPIs

Die Auswahl geeigneter Impact-KPIs hängt stark vom Investmentfokus des Fonds und den individuellen Zielen der Portfolio-Unternehmen ab. Deutsche VC-Fonds entwickeln dabei maßgeschneiderte Ansätze, die sowohl messbar als auch relevant für die angestrebte Wirkung sind.

Ein Beispiel: Der Masawa Impact Fund I misst Erfolge im Bereich Mental Health mit standardisierten Skalen wie PHQ-9 und GAD-7. Weitere Indikatoren umfassen die Anzahl der Nutzer, die von einer Verbesserung ihrer mentalen Gesundheit berichten, die Reduktion der Zeit, die mit problematischen Smartphone-Apps verbracht wird, sowie Fortschritte in mentalen Gesundheits-Biomarkern im Mikrobiom.

Climate-Tech-Fonds wie der World Fund setzen andere Metriken ein. Hier werden spezifische Zielwerte für jedes Portfolio-Unternehmen festgelegt, die auf der Impact-Methodologie des Fonds basieren. Diese Werte fließen in die Berechnung eines übergeordneten Impact-Ziels ein, das wiederum den Carried-Interest-Mechanismus beeinflusst.

Ein zentraler Ansatzpunkt bei der Entwicklung von KPIs ist die Fokussierung auf Outcome- statt Output-KPIs. AENU beispielsweise misst nicht nur die Anzahl der erreichten Personen, sondern legt den Schwerpunkt auf die tatsächlichen Veränderungen in deren Leben. Diese ergebnisorientierte Betrachtung verbindet finanzielle Leistung und Wirkung eng miteinander.

Investoren erhalten vierteljährliche Updates zum Fortschritt bei der Erreichung der Impact-KPIs. Diese regelmäßige Berichterstattung ermöglicht es, frühzeitig Anpassungen vorzunehmen und sicherzustellen, dass die gesetzten Ziele erreicht werden.

Die Glaubwürdigkeit der Kennzahlen hängt maßgeblich von einer präzisen Datensammlung ab. Nur so lässt sich nachweisen, ob die angestrebten Impact-Ziele tatsächlich erreicht wurden. Die Metriken müssen die durch das Investment erzielte Wirkung genau abbilden, und die finanziellen Anreize sollten stark genug sein, um das Verhalten der Unternehmen zu beeinflussen.

Rechtlicher Rahmen in Deutschland

Die Umsetzung von Impact Carry in Deutschland erfolgt innerhalb eines klar definierten rechtlichen Rahmens. Grundlage hierfür ist das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das die Strukturierung und Regulierung von Investmentfonds regelt.

VC-Fonds werden in Deutschland als Spezial-AIFs (Alternative Investment Funds) geführt. Diese geschlossenen Fonds sind ausschließlich professionellen und semi-professionellen Investoren zugänglich, während Privatanleger ausgeschlossen bleiben.

Bei Fondsstrukturen wie der GmbH & Co. KG ist die Trennung von Management und Fonds vorgeschrieben. Der Managing Limited Partner (LP), der in der Regel eine Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) ist, benötigt eine Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Das KAGB bietet eine vereinfachte Regulierung für „kleine" AIF-KVGs, die unter bestimmten Vermögensgrenzen bleiben. Diese „kleinen" KVGs verwalten Spezial-AIFs mit maximal 100 Mio. € (inklusive Leverage) oder 500 Mio. € ohne Leverage, sofern keine Rücknahmerechte innerhalb von fünf Jahren nach der ersten Fondsinvestition bestehen. Sie unterliegen lediglich Registrierungs-, Berichts- und Prüfpflichten, was den regulatorischen Aufwand deutlich reduziert.

Nur AIFs, die als Kapital- oder Personengesellschaften strukturiert sind – etwa GmbH, AG oder GmbH & Co. KG – und deren Komplementär eine beschränkte Haftung hat, sind für diesen Rahmen geeignet. Diese rechtlichen Vorgaben bilden die Grundlage, um Impact Carry in Deutschland erfolgreich umzusetzen. Weitere Details dazu folgen in den nächsten Kapiteln.

Webinar: Raising Venture Capital with Impact - Introduction, by Wladimir Nikoluk

Entwicklung und Messung von Impact-KPIs

Dieser Abschnitt beleuchtet, wie sich Impact-KPIs definieren, messen und gezielt einsetzen lassen, um gesellschaftliche und ökologische Ziele zu erreichen.

Effektive KPIs entwickeln

Um wirksame Impact-KPIs zu entwickeln, bieten etablierte Rahmenwerke wie die Impact Management Norms und das IRIS+ System des Global Impact Investing Network (GIIN) eine klare Orientierung. Dabei ist es entscheidend, dass die KPIs direkt mit der ursprünglichen Investitionsstrategie verknüpft sind. Jede Kennzahl sollte die angestrebte gesellschaftliche oder ökologische Wirkung direkt widerspiegeln.

Ein zentraler Punkt ist die Differenzierung zwischen Output- und Outcome-KPIs. Während Output-Kennzahlen zum Beispiel die Anzahl verkaufter Produkte messen, gehen Outcome-KPIs einen Schritt weiter und erfassen die tatsächlichen Auswirkungen, wie etwa vermiedene Treibhausgasemissionen.

Bereits in der Due-Diligence-Phase sollte das Geschäftsmodell eines Unternehmens daraufhin überprüft werden, ob es mit den angestrebten Zielen im Einklang steht. Diese Analyse sollte regelmäßig aktualisiert werden. Besonders bei jungen Unternehmen, die oft noch keine ausgereiften Datensysteme haben, können Proxy-Metriken oder evidenzbasierte Schätzungen helfen, aussagekräftige KPIs zu entwickeln.

Methoden zur Messung und Berichterstattung

Sobald die KPIs festgelegt sind, steht die präzise Messung und transparente Berichterstattung im Fokus. Robuste Prozesse zur Datenerhebung und -verifizierung sind hierbei unverzichtbar. Das Konzept des Impact Measurement & Management (IMM) bildet die Grundlage, um sowohl positive als auch negative Auswirkungen eines Unternehmens zu identifizieren und nachzuverfolgen.

Ein anschauliches Beispiel: Ein Unternehmen, das energieeffiziente Technologien für die Industrie entwickelt, könnte die vermiedenen Treibhausgasemissionen nicht direkt messen. Stattdessen lassen sich auf Basis von Energieeinsparungen und typischen Kundennutzungsdaten Schätzungen erstellen. Diese können dann auf die Gesamtverkäufe hochgerechnet werden, um die Emissionsvermeidung zu quantifizieren.

Regelmäßige Datenerhebungen – etwa vierteljährlich – sind essenziell, um Trends zu erkennen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Dies schafft Feedback-Schleifen, die den gesamten Investitionszyklus optimieren. Benchmarking und Zeitreihenanalysen helfen zusätzlich, Fortschritte objektiv zu bewerten.

Wenn direkte Messungen nicht möglich sind, können Proxy-Metriken oder bestehende Daten genutzt werden. Wichtig ist dabei, die angewandten Methoden und Annahmen klar zu dokumentieren.

"Impact measurement helps to identify and track both the positive and negative social or environmental impacts of a company's products and services. Impact management uses this information to try to maximise positive outcomes for people and the planet."
– Oyin Oduya, CFA, Impact Measurement & Management Practice Leader, Wellington Denmark Institutional

Ambitionierte und erreichbare Ziele setzen

Die Kunst liegt darin, Ziele zu formulieren, die sowohl anspruchsvoll als auch realistisch sind. Climate VC Funds streben beispielsweise an, hohe interne Renditen (IRR) für Investoren zu erzielen und gleichzeitig positive Umwelt- und Klimaeffekte zu erzielen.

Für Unternehmen in frühen Entwicklungsphasen ist die transparente Darstellung ihres Kohlenstoffvermeidungspotenzials (Scope 4) besonders wichtig. Prognosen sollten klar gekennzeichnet werden, um realistische Erwartungen zu setzen. Ein Vergleich zwischen prognostizierten und tatsächlich erzielten Werten ermöglicht es Fondsmanagern, ihre Leistung zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen.

Jährliche Public Impact Reports bieten eine strukturierte Möglichkeit, sowohl finanzielle Renditen als auch Impact-KPIs zu dokumentieren. Diese Berichte umfassen Daten zu operativen Ergebnissen (Scope 1-2-3), vermiedenen Emissionen (Scope 4) und potenziellen zukünftigen Effekten.

Für Fonds, die mit der EU-Taxonomie im Einklang stehen und als Artikel-9-Fonds klassifiziert werden möchten, ist eine lückenlose Nachverfolgbarkeit entscheidend. Hierbei müssen sowohl Klimaziele als auch soziale Zielsetzungen nachweisbar sein. Diese regulatorischen Anforderungen beeinflussen maßgeblich die Gestaltung der KPIs.

Offene Kommunikation über Erfolge und Herausforderungen stärkt das Vertrauen der Investoren und unterstützt eine kontinuierliche Verbesserung der Impact-Messung. Die gemeinsame Nutzung von Daten fördert zudem Transparenz und ermöglicht ein besseres Lernen im gesamten Sektor.

Diese Ansätze zur Zielsetzung und Messung bilden die Grundlage für das Impact Carry-Modell, das im weiteren Verlauf des Artikels näher erläutert wird.

Häufige Probleme bei der Festlegung von Impact-Zielen

Die Einführung von Impact Carry bringt einige Herausforderungen mit sich, die Venture-Capital-Teams häufig unterschätzen. Schon in der Planungsphase können grundlegende Fehler auftreten, die später zu größeren Problemen führen.

Fehler im KPI-Design

Ein häufiges Problem liegt in der Auswahl sogenannter Vanity-Metriken – beeindruckender Zahlen, die jedoch wenig Aussagekraft haben und keinen echten Mehrwert schaffen. Stattdessen sollten KPIs gewählt werden, die direkt mit Conversions, Kundenbindung oder messbaren gesellschaftlichen Effekten verbunden sind. Schwierigkeiten entstehen auch, wenn die Verantwortlichkeiten für diese KPIs unklar bleiben, kein konkreter Maßnahmenplan vorliegt oder die Ziele des Investment-Teams nicht mit denen des Portfolio-Managements übereinstimmen.

Ein weiterer Stolperstein ist die Verfolgung zu vieler oder zu eng definierter KPIs. Dies führt oft zu Verwirrung, Ineffizienz und einem Tunnelblick, der andere wichtige Geschäftsziele aus dem Blickfeld rücken kann. Ein übermäßiger Fokus auf CO₂-Reduktion etwa kann dazu führen, dass andere gesellschaftliche Ziele vernachlässigt werden. Fehlerhafte oder unvollständige Daten können zudem Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen und der gemessenen Wirkung schaffen. Unrealistische Zielvorgaben wirken sich dabei schnell demotivierend aus.

Diese Herausforderungen im KPI-Design werden in der Fachliteratur immer wieder aufgegriffen.

Team- und Prozessherausforderungen

Neben den technischen Aspekten des KPI-Designs stellen auch teaminterne und prozessuale Faktoren große Herausforderungen dar. Die Einführung von Impact Carry erfordert einen kulturellen Wandel, der nicht immer von allen Teammitgliedern sofort akzeptiert wird. Besonders entscheidend ist es, die Zustimmung des gesamten Teams zu sichern – vor allem, wenn erfahrene Partner weiterhin an traditionellen Rendite-Modellen festhalten.

In international agierenden VC-Fonds können kulturelle Unterschiede die Interpretation von KPIs beeinflussen. Hier ist es wichtig, regionale Unterschiede im Wirkungsverständnis zu berücksichtigen. Fehlender Kontext bei den Kennzahlen kann dazu führen, dass die zugrunde liegenden Ursachen für die Geschäftsleistung nicht vollständig verstanden werden. Die Integration von Impact-Denken in bestehende Investmentprozesse ist ebenfalls eine Herausforderung, da starre KPI-Modelle oft wichtige Geschäftsaspekte außer Acht lassen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen quantitativen und qualitativen Erfolgsmessungen bietet hier eine umfassendere Perspektive. Schließlich kann mangelnde Transparenz in der KPI-Kommunikation zu Missverständnissen unter den Stakeholdern führen.

Auch diese Prozessherausforderungen werden in der Fachliteratur beleuchtet. Sie zeigen, warum ein schrittweises Vorgehen bei der Umsetzung von Impact Carry entscheidend ist.

Häufige Fehler vermeiden

Eine schrittweise Einführung mit wenigen, klar definierten Impact-KPIs kann das Risiko von Fehlentscheidungen erheblich verringern. Diese KPIs sollten über mehrere Quartale hinweg getestet werden, bevor das System erweitert wird.

"It is essential to have a clear understanding of the overarching objectives and direction of your firm. Start by defining the strategic priorities and key performance indicators (KPIs) that will drive the success of your venture capital activities. Ensure that these goals are specific, measurable, achievable, and relevant."
– Dr. Mohammed Alfaifi, Healthcare Innovation Expert

Regelmäßige vierteljährliche Überprüfungen helfen dabei, Trends zu erkennen und notwendige Anpassungen vorzunehmen. Die Anwendung der SMART-Kriterien (Specific, Measurable, Achievable, Relevant, Time-bound) bietet dabei eine bewährte Grundlage:

"Employing the SMART criteria is a game-changer in setting efficacious goals for venture capital teams. This methodology ensures goals are Specific, eliminating ambiguity with clear definitions; Measurable, allowing for quantifiable tracking; Achievable, striking a balance between ambition and realism; Relevant, ensuring alignment with the firm's core objectives; and Time-bound, introducing deadlines to foster urgency and focus."
– David Vogel

Die Einbindung der Mitarbeiter in den Entwicklungsprozess der KPIs steigert nicht nur die Akzeptanz, sondern verbessert auch die Qualität der Zielsetzungen. Ein Benchmarking mit anderen VC-Firmen kann zudem wertvolle Einblicke liefern, um realistische Ziele zu setzen:

"Understanding how similar VC firms perform can provide valuable context for setting achievable goals. By benchmarking against peers, not in terms of competition but as a market standard, I've been able to set goals that are ambitious yet realistic."
– Anne Ijera

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Dokumentation von Annahmen und Methoden. Sie schafft Transparenz und erleichtert spätere Anpassungen.

Einführung von Impact Carry in VC-Fonds

Nach der Entwicklung und Messung von Impact-KPIs stellt sich die Frage, wie diese in die Fondsstrukturen eingebunden werden können. Impact Carry erfordert einen gut durchdachten Implementierungsplan, der sich je nach Fondsstruktur unterscheidet. Im Folgenden wird erläutert, wie sowohl neue als auch bestehende Fonds Impact Carry praktisch umsetzen können.

Aufbau von Impact Carry in neuen Fonds

Bei neuen Fonds kann Impact Carry direkt von Anfang an eingeplant werden. Ein Beispiel hierfür sind fünf europäische VC-Fonds, die ein Handbuch auf Basis des Gamma-Modells des European Investment Fund (EIF) erstellt haben. ETF Partners, SET Ventures, Sofinnova Partners, Astanor und FoodLabs entwickelten gemeinsam das Handbuch "Impact Accountability in Venture Capital: A Ready-Reference for Practitioners".

„We aim to promote clarity and consistency in how we discuss impact and link it to carried interest, rather than maintaining multiple approaches. While impact funds are naturally considering these issues first, I believe more mainstream funds will increasingly think about the impact of their investment strategies.“
Patrick Sheehan, Managing Partner bei ETF Partners.

Für die Strukturierung neuer Fonds ist es entscheidend, zunächst strategische Prioritäten festzulegen. Das Gamma-Modell des EIF dient dabei als Rahmen, um Impact-Ziele zu validieren. In enger Abstimmung mit den Limited Partners werden Impact-Indikatoren definiert, die sowohl finanzielle als auch Wirkungsergebnisse anstreben.

Eine frühzeitige Einbindung aller Stakeholder ist dabei ein Schlüsselfaktor. Sheehan hebt hervor:

„If we can explain how to approach impact in a simple and practical way, then it will encourage others to do it. We'd like to see this becoming more mainstream.“

Das Handbuch wird als dynamisches Dokument betrachtet, das regelmäßig an neue Best Practices angepasst wird.

Integration in bestehende Fonds

Bestehende Fonds stehen vor anderen Herausforderungen, da sie zunächst interne Abstimmungen benötigen, um Impact Carry zu integrieren. Besonders die Konsensbildung innerhalb der Organisation ist entscheidend, da verschiedene Prioritäten berücksichtigt werden müssen.

Steven Godeke von Godeke Consulting betont einen wichtigen Punkt:

„As the number of impact investing advisors has grown, asset owners have moved from a scarcity of options to abundance - the challenge is now finding an advisor who understands how you want to connect your money and mission.“

Die Wahl der passenden Berater spielt eine wesentliche Rolle für den Erfolg der Implementierung.

Ein bewährter Ansatz ist es, zunächst schnelle Erfolge zu erzielen, um die Akzeptanz zu fördern. Dabei sollten alle Beteiligten gemäß ihren individuellen Werten, ihrer Risikobereitschaft und ihren Vorbehalten einbezogen werden. Fürsprecher und externe Partner können die interne Akzeptanz zusätzlich stärken.

Impact Investing wird dabei als Werkzeug präsentiert, um finanzielle und wirkungsorientierte Ziele zu erreichen. Dies erfordert oft, Finanz- und Impact-Ziele miteinander zu verbinden. Ein möglicher Einstieg könnte etwa ein Darlehen an einen bestehenden Begünstigten oder die Einführung eines ESG-Screenings in einem vertrauten Sektor sein.

Auswirkungen auf Startups und Portfolio-Unternehmen

Impact Carry verändert auch die Dynamik zwischen VC-Fonds und ihren Portfolio-Unternehmen. Startups müssen sich auf erweiterte Berichtspflichten einstellen, die über rein finanzielle Kennzahlen hinausgehen. Gleichzeitig profitieren sie von einer strukturierten Herangehensweise an die Wirkungsmessung. Dies erfordert häufig den Aufbau neuer Systeme zur Datenerfassung, kann aber auch neue Geschäftschancen eröffnen und die Motivation der Mitarbeitenden steigern.

Die Herausforderung besteht darin, die Ziele von Fonds und Portfolio-Unternehmen in Einklang zu bringen. Eine enge Zusammenarbeit ist notwendig, um realistische Impact-Ziele zu definieren. Bei Startups in frühen Phasen sind flexible KPI-Strukturen erforderlich, da sich ihre Geschäftsmodelle oft noch in der Entwicklung befinden. Etablierte Unternehmen können hingegen präzisere Messungen umsetzen.

Transparenz gegenüber den Gründern ist essenziell, insbesondere was die Auswirkungen von Impact Carry auf Investitionsentscheidungen betrifft. Eine sorgfältige Dokumentation der Annahmen und Methoden schafft Vertrauen und erleichtert die Weiterentwicklung der gemeinsamen Impact-Strategie. Regelmäßiges Feedback hilft zudem, die KPI-Definition kontinuierlich zu optimieren und die Zusammenarbeit zwischen Fonds und Portfolio-Unternehmen zu stärken.

Warum Impact Carry für die Zukunft von VC entscheidend ist

Impact Carry bringt alle Beteiligten – Fondsmanager, Investoren und Portfolio-Unternehmen – auf eine gemeinsame Linie, indem finanzielle und nachhaltige Ziele miteinander verknüpft werden. Diese Kombination sorgt für eine enge Partnerschaft, die über die traditionellen Erwartungen an Renditen hinausgeht und neue Maßstäbe setzt. Die wachsende Bedeutung von Impact Investing zeigt sich auch in den aktuellen europäischen Investitionszahlen.

Die Statistik spricht für sich: 2023 gingen ein Drittel der 53 Milliarden Euro an VC-Investitionen in Europa an Startups, die aktiv zu einem oder mehreren der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele beitragen. Diese Entwicklung unterstreicht, dass Impact Investing längst im Mainstream angekommen ist.

Ein Vorreiter in diesem Bereich ist Norrsken VC aus Schweden. Seit 2017 setzt der Fonds auf Impact Carry und ist als SFDR-Artikel-9-Fonds („Dark Green") darauf ausgerichtet, mit jeder Investition mindestens eines der UN-Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen. Das Team arbeitet eng mit seinen Portfolio-Unternehmen zusammen, um deren Wirkung zu definieren, zu messen und weiterzuentwickeln.

Ein weiteres Beispiel ist Rubio Impact Ventures, einer der größten Impact-Fonds in Europa mit einem verwalteten Vermögen von 150 Millionen Euro. Rubio hat eine Carry-Struktur, die vollständig an die erzielte Wirkung gebunden ist, und erreicht dank seiner klaren Zielsetzungen, strenger Nachverfolgung und einem unabhängigen Impact Advisory Board den höchsten Phenix Impact GEMS Score. Diese Erfolgsgeschichten spiegeln den wachsenden Fokus auf Impact in der Venture-Capital-Landschaft wider.

Auch die wirtschaftlichen Ergebnisse sind beeindruckend: Mercy Corps Ventures hat seit 2015 43 Early-Stage-Ventures unterstützt, die Zugang zu über 396,7 Millionen US-Dollar Folgekapital erhielten. Der Fonds konzentriert sich auf Lösungen in Bereichen wie adaptive Landwirtschaft, inklusive Fintech-Services und klimasmarte Technologien.

Impact Carry könnte die Anreizsysteme in der Venture-Capital-Branche grundlegend verändern. Obwohl Venture Capital weniger als 1 % der gesamten Kapitalanlagen ausmacht, bringen etwa 9 % der VC-unterstützten Unternehmen 100 % der Investitionsgewinne. Mit Impact Carry wird sichergestellt, dass diese Erfolge nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich spürbar werden.

Auch das Verhalten der Konsumenten zeigt eine klare Richtung: 73 % der Millennials sind bereit, mehr für nachhaltige Produkte zu zahlen. Diese Einstellung beeinflusst zunehmend auch Investitionsentscheidungen und verstärkt die Nachfrage nach Impact-orientierten Fonds.

Bill Gurley von Benchmark fasst die Bedeutung von Innovation treffend zusammen:

„Innovation and disruption are constant and not subject to the whims of the overall economy".

Impact Carry lenkt diese Innovationskraft gezielt auf gesellschaftliche Herausforderungen und schafft dabei neue Märkte und Geschäftsmodelle.

Die Aussichten sind vielversprechend: Der Impact-Investing-Markt, der 2017 auf 228 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, könnte bis 2025 auf 1 Billion US-Dollar anwachsen. Impact Carry wird eine zentrale Rolle dabei spielen, diese Kapitalströme effektiv zu nutzen und messbare Ergebnisse zu erzielen.

Um dies zu gewährleisten, sollten Investoren Impact-Carry-Klauseln in Fondsdokumenten verankern. Diese Transparenz stellt sicher, dass Fondsmanager nicht nur über Wirkungsziele sprechen, sondern diese auch konsequent umsetzen. Das schafft Vertrauen und stärkt die Verantwortung innerhalb der Branche.

FAQs

Was unterscheidet Impact-KPIs von traditionellen finanziellen KPIs im Venture-Capital-Bereich?

Impact-KPIs richten ihren Fokus darauf, soziale und ökologische Auswirkungen zu messen, während klassische finanzielle KPIs wie IRR, MOIC oder TVPI ausschließlich die finanzielle Leistung eines Fonds bewerten.

Im Gegensatz zu rein gewinnorientierten Kennzahlen setzen Impact-KPIs auf gesellschaftlich relevante Ergebnisse und nachhaltige Ziele. Dazu gehören beispielsweise die Reduktion von CO₂-Emissionen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Förderung sozialer Inklusion. Solche Kennzahlen bieten eine klare Grundlage, um den Erfolg von Impact-VCs messbar zu machen, und stärken das Vertrauen von Investoren und Partnern in die Fonds.

Welche Hürden gibt es bei der Einführung von Impact Carry in bestehenden VC-Fonds?

Die Einführung von Impact Carry in bestehende VC-Fonds bringt einige Herausforderungen mit sich. Eine der zentralen Hürden liegt darin, die Fondsstruktur so anzupassen, dass sowohl finanzielle als auch Impact-Ziele berücksichtigt werden können. Dafür braucht es klare, messbare und überprüfbare Impact-KPIs, die von allen Beteiligten akzeptiert und gemeinsam getragen werden.

Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Balance zwischen Rendite und Wirkung. Beide Ziele müssen so ausbalanciert werden, dass weder die finanzielle Performance beeinträchtigt noch die Glaubwürdigkeit des Fonds infrage gestellt wird. Hier spielt eine offene und transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern eine entscheidende Rolle, um potenzielle Konflikte zwischen finanziellen und Impact-Interessen frühzeitig auszuräumen.

Darüber hinaus kann die Integration von Impact Carry organisatorische Anpassungen und rechtliche Änderungen notwendig machen. Diese Schritte erfordern eine sorgfältige Planung und Umsetzung, um die neuen Strukturen reibungslos in die bestehenden Prozesse einzufügen.

Wie stärkt Impact Carry die Zusammenarbeit zwischen VC-Fonds und ihren Portfolio-Unternehmen?

Impact Carry stärkt eure Zusammenarbeit, indem es finanzielle Anreize mit klar definierten Impact-KPIs verbindet. So können sich VC-Fonds und Portfolio-Unternehmen besser auf gemeinsame nachhaltige und wirkungsorientierte Ziele ausrichten.

Dieses Modell sorgt nicht nur für mehr Vertrauen und Engagement bei den Fondsmanagern, sondern bildet auch eine stabile Basis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Mit einer klaren Strategie, die finanzielle Erträge und gesellschaftliche Wirkung vereint, profitieren beide Seiten gleichermaßen.

Johannes Fiegenbaum

Johannes Fiegenbaum

Ein unabhängiger Berater, der Unternehmen hilft, die Zukunft zu gestalten und langfristiges Wachstum zu erreichen.

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