Von Johannes Fiegenbaum am 09.05.25 18:58
Der EFRAG VSME-Standard ist seit 30. Juli 2025 offiziell von der EU-Kommission empfohlen und wird 2026 als delegierter Rechtsakt rechtlich verankert. Mit dem Omnibus-Paket wird VSME als verbindlicher Value Chain Cap festgeschrieben – das heißt: Große Unternehmen können von ihren KMU-Lieferanten maximal VSME-Daten fordern, nicht mehr. Damit entwickelt sich der VSME von einer optionalen Initiative zur de-facto-Standardlösung für KMU-Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa.
Für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet dies: Wer jetzt den voluntary sustainability reporting standard EFRAG VSME umsetzt, ist automatisch für CSRD-Lieferketten, Bankfinanzierungen und EU-Förderprogramme qualifiziert – mit nur etwa 75 Datenpunkten statt 500+ wie bei den European Sustainability Reporting Standards (ESRS).
Der voluntary standard VSME (Voluntary Sustainability Reporting Standard for Non-Listed SMEs) ist ein sustainability reporting standard für kleine und mittlere Unternehmen, entwickelt von EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) im Auftrag der European Commission. Der VSME ermöglicht Nachhaltigkeitsberichterstattung ohne die Komplexität des vollen ESRS Set 1.
Der VSME ist keine vereinfachte CSRD-Berichtspflicht, sondern ein eigenständiger voluntary sustainability reporting standard, der KMU befähigt, strukturiert über Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) zu berichten.
Der VSME hat einen konkreten Implementierungszeitplan und bietet zwei Module zur Nachhaltigkeitsberichterstattung:
Meilensteine:
Wichtiger Kontext: Mit dem Omnibus-Paket (Oktober 2025) werden 80% der ursprünglich CSRD-pflichtigen KMU aus der Berichtspflicht entlassen. Genau diese Unternehmen sind die Kernzielgruppe des freiwilligen VSME, um Lieferketten-Anforderungen (Trickle-Down-Effekt) zu erfüllen.
Die EU-Kommission richtet ihre VSME-Empfehlung nicht nur an KMU, sondern auch an Finanzinstitute, Banks und Versicherungen. Diese sollen:
Mit dem Omnibus 1 wird dieser Value Chain Cap als Rechtspflicht verankert. Das heißt: KMU, die den VSME standard umsetzen, sind automatisch SFDR- und Lieferketten-konform, ohne weitere Spezial-Offenlegungen bearbeiten zu müssen. Dies ist ein wesentlicher Vorteil für die VSME-Adoption.
Die European Commission fordert explizit, dass große Unternehmen ihre Angaben-Anforderungen auf VSME-Inhalte beschränken müssen – mehr Daten dürfen sie von KMU nicht verlangen.
Der VSME besteht aus zwei Modulen mit insgesamt etwa 75 Datenpunkten (versus 500+ bei ESRS):
Basis-Modul (B1-B11, ~30-40 Punkte):
Zusatzmodul (C1-C9, ~35-40 Punkte): Weitere Informationen zur Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse für KMU finden Sie hier.
If-applicable-Prinzip: Unternehmen berichten im VSME nur über wirklich relevante Themen – keine standardisierte 75-Punkt-Abdeckung erforderlich. Das reduziert den administrativen Overhead massiv und erlaubt fokussierte Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Diese modulare Struktur ermöglicht es Unternehmen, mit dem Basismodul zu starten und bei Bedarf das Zusatzmodul zu ergänzen – je nach Anforderungen durch Value Chain, Banks oder Investoren.
EFRAG stellt umfassende Unterstützungsmaterial auf der VSME Website bereit:
Verfügbare Ressourcen:
Die EFRAG SR TEG (Sustainability Reporting Technical Expert Group) entwickelt diese Unterstützungsmaterialien kontinuierlich weiter. Besonders wichtig ist die XBRL Taxonomy, die 2026 europaweit einheitliche, maschinenlesbare ESG-Daten ermöglicht – ein Game-Changer für Finanzinstitute und große Unternehmen, die Tausende KMU-Berichte aggregieren müssen.
Bei der Entwicklung des finalen VSME standard hat die Europäische Zentralbank kritisiert, dass die ursprüngliche Version nicht ausreichend aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllte. Als Konsequenz werden insbesondere das Zusatzmodul und Governance-Anforderungen überarbeitet, um Banks und Versicherer die aufsichtsrechtliche Analyse zu erleichtern.
Zudem läuft parallel eine Überarbeitung der ESRS (57% weniger Datenpunkte geplant), an die der VSME angepasst wird, um Kompatibilität zu sichern. Die Finalisierung dieser Synchronisierung erfolgt bis 30. November 2025 durch EFRAG.
Bedeutung für die Praxis:
Der überarbeitete VSME wird somit nicht nur KMU-freundlicher, sondern auch robuster für regulatorische Prüfungen – ein wichtiger Aspekt für die Akzeptanz bei Banken und Wirtschaftsprüfern.
| Kriterium | VSME | CSRD/ESRS | Empfehlung |
|---|---|---|---|
| Unternehmensgröße | Bis 1.000 MA | Ab 250 MA / börsennotiert | KMU: VSME; Große: ESRS |
| Datenpunkte | ~75 | 500+ | VSME: 85% weniger Aufwand |
| Berichtspflicht | Freiwillig (empfohlen) | Verpflichtend | VSME für Lieferketten ausreichend |
| Prüfungspflicht | Optional | Verpflichtend | VSME reduziert Audit-Kosten |
| Umsetzungszeit | 2-6 Wochen | 6-12 Monate | VSME: 10x schneller |
| Kosten | 5.000-20.000 € | 50.000-200.000 € | VSME: 90% Kosteneinsparung |
Für die meisten KMU ist der VSME der optimale reporting standard – ausreichend für Compliance, finanzierbar und mit klarer Grundlage für spätere ESRS-Umsetzung, falls erforderlich.
Ausgangssituation (Herbst 2025): Ein mittelständischer Produktionsbetrieb mit 200 employees erhält Anfragen von großem Auftraggeber und Bank nach ESG-Daten.
Umsetzungsschritte:
Ergebnis:
Kosten: 5.000-15.000 € für externe Beratung oder 2.000-8.000 € bei Nutzung digitaler Tools.
Der VSME öffnet KMU Zugang zu nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten:
Finanzierungsvorteile:
ROI-Beispiel:
Die Investition in den VSME standard amortisiert sich typischerweise innerhalb von 2-3 Jahren durch verbesserte Finanzierungskonditionen.
Sofortmaßnahmen:
Mittelfristig (bis 2026):
Langfristig (2027+):
Was kostet die VSME-Umsetzung?
Die Kosten variieren nach Unternehmensgröße und Vorbereitungsgrad:
Der VSME ist damit 80-90% günstiger als volle CSRD-Implementierung.
Ist VSME-Reporting verpflichtend?
Nein, der VSME ist ein voluntary standard. Aber: Mit dem Value Chain Cap werden große Unternehmen KMU-Zulieferer de facto zur VSME-Berichterstattung drängen. Die Empfehlung lautet daher: Freiwillig umsetzen, um Wettbewerbsfähig zu bleiben.
Kann ich vom VSME später zu ESRS wechseln?
Ja, der VSME ist ESRS-kompatibel konzipiert. Der Aufbau ist so angelegt, dass beim Wachstum über CSRD-Schwellenwerte eine strukturierte Erweiterung möglich ist – ohne bei Null anzufangen.
Welche Unterstützungsmaterialien gibt es?
EFRAG stellt auf der offiziellen VSME Website umfangreiche Unterstützungsmaterial bereit:
Wie funktioniert der Value Chain Cap konkret?
Ab 2026 dürfen große CSRD-pflichtige Companies von ihren KMU-Lieferanten maximal VSME-konforme Daten verlangen. Jede darüber hinausgehende Datenanfrage ist unzulässig. Dies schützt KMU vor ausufernden ESG-Fragebögen.
Was bedeutet das If-applicable-Prinzip?
Im VSME müssen Unternehmen nur über Themen berichten, die für ihr Geschäftsmodell relevant sind. Ein digitales Dienstleistungsunternehmen muss beispielsweise keine detaillierten Wasser-Angaben machen, wenn Wasserverbrauch nicht wesentlich ist.
Wie unterscheidet sich VSME vom VSME Ecosystem?
Das VSME Ecosystem umfasst den eigentlichen VSME standard plus alle Unterstützungsmaterialien, digitale Templates, XBRL Taxonomy und Guidance-Dokumente. Es ist das Gesamtsystem zur VSME-Umsetzung.
Muss ich einen Wirtschaftsprüfer beauftragen?
Nein, für den voluntary standard VSME besteht keine Prüfungspflicht. Allerdings erhöht eine freiwillige Prüfung (Limited Assurance) die Glaubwürdigkeit gegenüber Banks und Investoren erheblich.
Welche Rolle spielt die XBRL Taxonomy?
Die XBRL Taxonomy ermöglicht ab 2026 maschinenlesbare, standardisierte ESG-Daten. Große Unternehmen und Finanzinstitute können dann automatisiert Tausende VSME-Berichte aggregieren und analysieren – ein entscheidender Faktor für die Massenadoption des VSME.
Wie bereite ich mich jetzt optimal vor?
Die Informationen in diesem Artikel basieren auf offiziellen Veröffentlichungen der EU-Kommission im Amtsblatt, EFRAG-Dokumenten und aktuellen regulatorischen Entwicklungen (Stand: November 2025). Alle Details zum VSME standard, Unterstützungsmaterialien und der XBRL Taxonomy finden sich auf der offiziellen EFRAG-Website in accordance mit der EU-Kommission Empfehlung vom 30. Juli 2025.
ESG- und Nachhaltigkeitsberater mit Spezialisierung auf CSRD, VSME und Klimarisikoanalysen. 300+ Projekte für Unternehmen wie Commerzbank, UBS und Allianz.
Zur PersonWarum ist eine ESG-Strategie für Startups wichtig? ESG (Environmental, Social, Governance) ist...
Ab 2026 gelten in der EU neue Standards für Klimarisikoanalysen: ISO 14091 und die Corporate...