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Rückverfolgbarkeit auf Parzellenebene: So funktioniert Geolokalisierung unter der EU-Entwaldungsverordnung

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Seit 29. Juni 2023 verlangt die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) von Unternehmen, die Herkunft von Rohstoffen wie Holz, Kakao, Palmöl und Soja bis auf die Produktionsparzelle nachzuweisen. Ziel ist es, entwaldungsfreie Lieferketten sicherzustellen und Waldzerstörung zu vermeiden.

Wichtige Fakten zur EUDR:

  • Betroffene Rohstoffe: Holz, Kakao, Kaffee, Soja, Palmöl, Rindfleisch, Kautschuk.
  • Pflicht: Nachweis entwaldungsfreier und gesetzeskonformer Produktion.
  • Strafen: Bis zu 4 % des EU-Jahresumsatzes bei Verstößen.
  • Geolokalisierung: Präzise Koordinaten (6 Dezimalstellen) für jede Produktionsfläche erforderlich.

Geolokalisierungsmethoden:

  • Kartierung: Für große Flächen.
  • Koordinateneingabe: Für präzise Punkte.
  • GeoJSON-Format: Standard für Geodaten.

Anforderungen:

  • Flächen > 4 Hektar: Polygon-Kartierung.
  • Flächen ≤ 4 Hektar: Einzelkoordinaten oder Polygon.
  • Daten müssen mindestens 5 Jahre gespeichert werden.

Vorteile für Unternehmen:

  • Erfüllung von ESG-Zielen.
  • Vertrauen bei Stakeholdern stärken.
  • Automatisierte Risikoanalyse durch KI-gestützte Satellitenbilder.

Die Kombination aus Satellitendaten, Feldvermessung und standardisierten Datenformaten macht die EUDR-Konformität möglich.

Technische Standards für die EUDR-Geolokalisierung

Erforderliche Datengenauigkeit und Format

Die EUDR schreibt eine geografische Genauigkeit von mindestens sechs Dezimalstellen für Breiten- und Längengrade vor. Dadurch wird sichergestellt, dass jede Produktionsfläche eindeutig identifiziert werden kann.

Die Anforderungen für Produktionsflächen sind wie folgt:

Flächengröße Format Anforderungen
Über 4 Hektar Polygon-Kartierung Mindestens 4 nicht-lineare Koordinaten
Unter 4 Hektar Koordinate/Polygon Ein einzelner Koordinatenpunkt
Viehzuchtbetriebe Einzelkoordinate Präziser Standort

Diese Spezifikationen bilden die Grundlage für die weiteren Anforderungen an Datenformate und Qualitätskontrollen.

Datenformate und Qualitätskontrolle

Das EUDR-System akzeptiert Geodaten ausschließlich im GeoJSON-Format, das folgende Spezifikationen erfüllen muss:

  • Breitengrade: -90 bis +90 Grad
  • Längengrade: -180 bis +180 Grad
  • Polygone dürfen keine Linienüberschneidungen aufweisen

Die Einhaltung dieser Vorgaben ist entscheidend, um die Konformität mit den EUDR-Anforderungen zu gewährleisten.

Kombination von Satelliten- und Felddaten

Satellitendaten spielen eine zentrale Rolle bei der Überprüfung von Entwaldung und Landnutzung. Aktuelle Analysen erreichen eine Genauigkeit von ±5 % bis ±20 %. Der Verifizierungsprozess kombiniert folgende Schritte:

  • GPS-gestützte Feldvermessung: Vor-Ort-Daten werden mit Satellitenbildern abgeglichen.
  • Validierung durch historische Daten: Frühere Landnutzungsaufzeichnungen bieten zusätzliche Sicherheit.
  • Regelmäßige Aktualisierung: Geodaten werden kontinuierlich auf den neuesten Stand gebracht.

"Jede Koordinate muss mit mindestens sechs Dezimalstellen Genauigkeit sowohl bei Breiten- als auch bei Längengradmessungen erfasst werden – ein Detailgrad, der sicherstellt, dass jedes Produktionsgebiet präzise identifiziert und verifiziert werden kann." - Gilly Kinsky

Die maximale Größe der Geodaten pro Due-Diligence-Erklärung beträgt 25 MB, was etwa 30.000 bis 40.000 Koordinatenpunkten entspricht.

Mapping-Tools und -Methoden

Feldausrüstung und Optionen

Für präzise Vermessungen, die den Anforderungen der EUDR entsprechen, sind professionelle GNSS-Geräte mit RTK-Technologie unverzichtbar. Diese Geräte liefern äußerst genaue Ergebnisse. Für weniger komplexe Kartierungsaufgaben können mobile Apps eine praktische Lösung sein. Allerdings ist es wichtig, die Ergebnisse vor Ort zu überprüfen, um die Genauigkeit sicherzustellen.

Satellitenanalyse mit KI

Neben der Nutzung von präziser Feldausrüstung sorgt der Einsatz moderner Satellitenanalysen, die auf KI basieren, für eine zusätzliche Effizienzsteigerung. Ein beeindruckendes Beispiel dafür stammt aus Litauen: Im Juni 2020 wurde eine angepasste ResUnet-Architektur verwendet, um mit Sentinel-2-Daten automatisch Parzellen zu erkennen.

Vorteile der KI-gestützten Satellitenanalyse:

  • Automatische Identifikation von Landnutzungsänderungen
  • Permanente Überwachung großer Gebiete
  • Verlässliche Genauigkeit bei der Analyse von Entwaldung

Vergleich: Feld- vs. digitale Kartierungsmethoden

Die richtige Wahl der Kartierungsmethode hängt von verschiedenen Aspekten ab. Ein Überblick:

Kriterium Feldkartierung Digitale Kartierung
Genauigkeit Hoch Gut
Zeitaufwand Hoch Gering
Flächenabdeckung Lokal Großflächig
Aktualisierung Manuell Automatisiert
Wetterabhängigkeit Hoch Gering

Die Kombination aus Feldmessungen und digitalen Methoden bietet die perfekte Balance zwischen Präzision und Effizienz. Satellitenbilder liefern einen umfassenden Überblick über große Gebiete, während Feldmessungen die notwendigen Daten für eine genaue Validierung bereitstellen, um EUDR-Anforderungen zu erfüllen. Diese nahtlose Integration ist ein zentraler Baustein für ein zuverlässiges Rückverfolgbarkeitssystem, das im nächsten Abschnitt genauer erläutert wird.

Aufbau von Parzellen-Tracking-Systemen

4 Schritte zum Aufbau eines Tracking-Systems

Ein gut organisiertes Tracking-System ist entscheidend, um die EUDR-Vorgaben zu erfüllen. Hier sind die wichtigsten Schritte, die bei der Umsetzung berücksichtigt werden sollten:

  1. Lieferantenintegration

Ab Juli 2024 ermöglicht ein etabliertes Commercial Network eine umfassende Datenerfassung entlang der gesamten Lieferkette. Über dieses Netzwerk können Geolokalisierungsdaten sicher und effizient ausgetauscht werden.

  1. Datenvalidierung

Für Parzellen mit einer Fläche von mehr als 4 Hektar sind präzise Polygone erforderlich, die den Flächenumfang exakt abbilden. Kleinere Flächen können hingegen mit einem einzelnen Koordinatenpunkt dokumentiert werden. Wichtig ist, dass alle Daten in standardisierten Formaten bereitgestellt werden.

  1. Risikoanalyse

Ein herausragendes Beispiel für eine gründliche Risikoanalyse liefert Olam Food Ingredients: Das Unternehmen überwacht Entwaldungs- und Landnutzungsänderungen bei über 800.000 Betrieben in 40 Ländern.

  1. Systemintegration

Die gesammelten Daten müssen in bestehende Unternehmenssysteme integriert werden. Dabei ist es essenziell, die Datensicherheit gemäß den SOC2-Standards zu gewährleisten.

Anbindung an ERP-Systeme

Nach der Einrichtung des Tracking-Systems ist die Integration in bestehende ERP-Systeme der nächste Schritt. Diese Verbindung sorgt dafür, dass die EUDR-Anforderungen reibungslos umgesetzt werden können:

Integrationsaspekt Anforderungen Vorteile
Datenformat Standardisierte Geodatenformate Optimale Systemkompatibilität
Compliance-Tools Automatisierte Berichtserstellung Effiziente Dokumentation
Analysetools KI-gestützte Auswertungen Frühzeitige Identifikation von Risiken

Zukunftssicherheit des Systems

Damit das Tracking-System langfristig erfolgreich bleibt, sind kontinuierliche Verbesserungen und Anpassungen unerlässlich. Wichtige Maßnahmen umfassen:

Datenverwaltung und -aufbewahrung

  • Relevante Informationen müssen mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden, begleitet von regelmäßigen Systemaudits.
  • Ein zuverlässiger Rahmen für die Datenvalidierung sollte implementiert werden.

Technologische Anpassungsfähigkeit

Durch die Integration verschiedener Datenquellen wird eine optimale Balance zwischen Präzision und Kosteneffizienz erreicht. Fortschrittliche Technologien, wie KI-gestützte Satellitenüberwachung, tragen dazu bei, die langfristige Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen.

Ein solches Tracking-System schafft nicht nur die Basis für die EUDR-Konformität, sondern unterstützt auch die Verwirklichung von ESG-Zielen nachhaltig.

EU Deforestation Regulation - Wie betroffene Unternehmen jetzt vorgehen sollten

Nutzung von Standortdaten für ESG-Ziele

Die Integration von ESG-Aspekten in die Rückverfolgbarkeit verleiht Tracking-Systemen eine strategische Bedeutung.

ESG- und EUDR-Anforderungen erfüllen

Geolokalisierungsdaten spielen eine zentrale Rolle bei der Erfüllung von ESG-Zielen, indem sie Transparenz schaffen und das Vertrauen der Stakeholder stärken. Sie bilden zudem die Grundlage für eine detaillierte Lebenszyklusanalyse.

ESG-Bereich EUDR-Anforderung Nutzen der Geolokalisierung
Umwelt Nachweis entwaldungsfreier Produktion Kontinuierliche Überwachung von Flächen
Soziales Schutz indigener Gebiete Identifikation und Abgrenzung geschützter Flächen
Governance Einhaltung von Dokumentationspflichten Lückenlose Rückverfolgbarkeit

Standortdaten in der Lebenszyklusanalyse

Standortdaten ermöglichen eine genauere Bewertung der Umweltauswirkungen entlang der gesamten Lieferkette. Die Genauigkeit von Satellitenbewertungen liegt dabei zwischen ±5 % und ±20 %.

Digitale Lösungen übernehmen automatisch wichtige Analysen, wie:

  • Prüfung von Aktivitätsdaten
  • Überwachung der Einhaltung von Schutzgebietsgrenzen
  • Bewertung von Entwaldungsrisiken

Diese automatisierten Prozesse lassen sich nahtlos in die strategische Bewertung von Umweltauswirkungen integrieren.

Vertrauen bei Stakeholdern stärken

Eine präzise Erfassung und Dokumentation von Standortdaten trägt wesentlich dazu bei, das Vertrauen aller Beteiligten zu stärken. Besonders Kleinbauern profitieren durch:

  • Schulungen zur korrekten Datenerfassung
  • Investitionen in technische Infrastruktur
  • Unterstützung bei der Einhaltung der EUDR-Anforderungen

Diese Maßnahmen fördern nachhaltige Produktionsprozesse und schaffen Vertrauen in die gesamte Lieferkette.

Fazit: Nächste Schritte zur EUDR-Konformität

Um die Anforderungen der EUDR zu erfüllen, sind präzise Geodaten und einheitliche Prozesse unerlässlich. Hier ist eine kompakte Übersicht der wichtigsten Anforderungen:

Flächengröße Anforderung Genauigkeit
> 4 Hektar Polygon-Koordinaten 6 Dezimalstellen
≤ 4 Hektar Polygon oder Einzelpunkt 6 Dezimalstellen
Alle Flächen GeoJSON-Format Standardisiert

Auf Grundlage dieser Vorgaben sollten Unternehmen folgende Schritte umsetzen, um sowohl die EUDR-Vorgaben zu erfüllen als auch ihre internen Prozesse zu optimieren:

  • Standardisierte Datenerfassung
    Einheitliche Prozesse und klare Validierungen sorgen für konsistente Standortdaten. Die Nutzung von Formaten wie GeoJSON erleichtert zudem die Integration in bestehende Systeme.
  • Technologische Unterstützung
    Der Einsatz von Geodaten in Kombination mit KI-gestützten Satellitenanalysen ermöglicht eine präzise und kontinuierliche Überwachung von Flächen. So können Änderungen in der Landnutzung oder potenzielle Risiken frühzeitig identifiziert werden.
  • Aktive Einbindung der Lieferanten
    Eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten ist entscheidend. Schulungen und technische Unterstützung helfen dabei, die Qualität der Geodaten sicherzustellen und den Datenaustausch zu vereinfachen.

Diese Schritte sind nicht nur der Schlüssel zur EUDR-Konformität, sondern tragen gleichzeitig dazu bei, die ESG-Ziele des Unternehmens langfristig zu stärken und umzusetzen.

FAQs

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Geolokalisierungsdaten den Anforderungen der EU-Entwaldungsverordnung entsprechen?

Wie Unternehmen die Anforderungen der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) erfüllen können

Um den Vorgaben der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) gerecht zu werden, müssen Unternehmen präzise Geodaten ihrer Produktionsflächen erfassen und bereitstellen. Dabei gelten unterschiedliche Anforderungen je nach Größe der Fläche:

  • Flächen über 4 Hektar: Hier ist die Bereitstellung von Polygonen erforderlich, um die Fläche genau zu definieren.
  • Kleinere Flächen oder Viehzuchtbetriebe: Für diese reicht ein einzelner Koordinatenpunkt als Angabe aus.

Diese Geodaten sind ein wesentlicher Bestandteil der Due-Diligence-Erklärungen und müssen mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt werden. Durch die Einhaltung dieser Vorschriften können Unternehmen nicht nur die Transparenz in ihrer Lieferkette erhöhen, sondern auch das Risiko von Verstößen gegen die EUDR deutlich reduzieren.

Wie unterstützen KI-gestützte Satellitenanalysen die Überwachung von Entwaldung und Landnutzung?

KI-gestützte Satellitenanalysen: Präzision in der Überwachung

Mit KI-gestützter Technologie lassen sich Entwaldung und Landnutzungsänderungen schnell und präzise überwachen. Durch den Einsatz moderner Algorithmen werden Satellitenbilder analysiert, um potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und problematische Gebiete gezielt zu identifizieren.

Diese fortschrittliche Methode bietet Unternehmen eine wertvolle Unterstützung, insbesondere bei der Einhaltung der EU-Entwaldungsverordnung. Sie ermöglicht detaillierte Einblicke bis auf Parzellenebene, wodurch Lieferketten transparenter gestaltet werden können. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, ESG-Strategien effizient umzusetzen und nachhaltige Ziele zu erreichen.

Welche Schritte sind erforderlich, um ein Parzellen-Tracking-System gemäß der EU-Entwaldungsverordnung einzuführen?

Wie man ein effektives Parzellen-Tracking-System umsetzt

Um ein zuverlässiges Parzellen-Tracking-System einzuführen, sollten Unternehmen einige wichtige Schritte berücksichtigen:

  • Daten erfassen: Sammeln Sie präzise Informationen über die geografische Lage und die Nutzung der Parzellen. Diese Daten bilden die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen.
  • Risiken analysieren: Führen Sie Bewertungen durch, um potenzielle Probleme wie Entwaldung oder unangemessene Landnutzung zu erkennen. So lassen sich besonders kritische Gebiete identifizieren.
  • Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen: Entwickeln Sie Strategien, um festgestellte Risiken zu minimieren, und setzen Sie diese konsequent um. Dies trägt auch dazu bei, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherzustellen.

Ein sorgfältig geplantes Tracking-System bietet nicht nur Unterstützung bei der Einhaltung der EU-Entwaldungsverordnung, sondern sorgt auch für mehr Transparenz in der Lieferkette und stärkt Ihre ESG-Ziele.

Johannes Fiegenbaum

Johannes Fiegenbaum

Ein unabhängiger Berater, der Unternehmen hilft, die Zukunft zu gestalten und langfristiges Wachstum zu erreichen.

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