ESG für Startups und VCs: Leitfaden zur nachhaltigen Wertschöpfung
Entdecke, wie Startups und VCs durch die frühzeitige Integration von Umwelt-, Sozial- und...
Von Johannes Fiegenbaum am 11.07.24 15:16
Executive Summary: Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definieren seit 2024 die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU neu. Durch die Stop-the-Clock-Richtlinie und das Omnibus-Paket wurden Fristen verschoben und Anforderungen vereinfacht.Für Entscheider bedeutet das: Mehr Zeit zur strategischen Vorbereitung, aber auch die Chance, ESRS als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Dieser Leitfaden erklärt, wie ihr die ESRS-Berichtspflichten erfüllt und gleichzeitig Mehrwert für euer Geschäftsmodell generiert.
Die European Sustainability Reporting Standards sind mehr als eine weitere Compliance-Anforderung. Sie definieren, wie Unternehmen in der EU ihre Nachhaltigkeitsleistung dokumentieren und kommunizieren müssen. Tatsächlich zeigt eine aktuelle EFRAG-Studie, dass frühe Anwender der ESRS signifikante Verbesserungen in ihrer Nachhaltigkeitssteuerung berichten.
Für Startups, Mittelständler und Konzerne bedeutet das konkret: Wer die ESRS strategisch angeht, positioniert sich nicht nur regulatorisch sicher, sondern schafft auch Transparenz für Investoren, Kunden und Geschäftspartner. Venture Capital-Fonds müssen die ESRS verstehen, um Portfolio-Unternehmen bei der Vorbereitung zu unterstützen und eigene Article-8/9-Klassifizierungen zu untermauern.
Die gute Nachricht: Die jüngsten regulatorischen Änderungen geben euch mehr Zeit und reduzieren die initiale Komplexität erheblich.
Die EU-Kommission hat mit der Stop-the-Clock-Richtlinie offizielle Fristaufschübe für die ESRS- und CSRD-Berichtspflichten beschlossen. Das verschafft vielen Unternehmen dringend benötigte Vorbereitungszeit.
Große Unternehmen (nicht NFRD-pflichtig): Der erste CSRD-Bericht mit ESRS-Standards muss nun für das Geschäftsjahr 2027 erstellt werden, Veröffentlichung erfolgt 2028. Ursprünglich war das Berichtsjahr 2025 vorgesehen – ihr habt also zwei Jahre mehr Zeit.
Börsennotierte KMU: Hier verschiebt sich die Berichtspflicht auf das Geschäftsjahr 2028, Veröffentlichung 2029. Das gibt kleineren kapitalmarktorientierten Unternehmen deutlich mehr Spielraum für den Aufbau entsprechender Prozesse.
CSDDD-pflichtige Unternehmen: Auch im Rahmen der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) wurden einzelne Pflichten um ein Jahr verschoben, was die Koordination mit der ESRS-Berichterstattung erleichtert.
Die zusätzliche Zeit solltet ihr nicht als Aufschub missverstehen, sondern als Chance nutzen. Unternehmen, die jetzt mit der Vorbereitung beginnen, können:
Eine fundierte doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchführen, die echte strategische Insights liefert
Datenmanagementsysteme implementieren, die nicht nur Compliance sichern, sondern auch Business Intelligence liefern
Stakeholder systematisch einbinden und dadurch Beziehungen zu Investoren, Kunden und Mitarbeitern stärken
Pilotberichte erstellen und daraus lernen, bevor die echte Berichtspflicht greift
Aus unserer Beratungspraxis mit über 300 Projekten: Die Unternehmen, die ESRS als strategisches Projekt und nicht als Last-Minute-Compliance angehen, erzielen messbar bessere Ergebnisse – sowohl in der Berichtsqualität als auch im operativen Nutzen.
Parallel zu den Fristverschiebungen hat die Europäische Kommission die ESRS-Anforderungen durch das Omnibus-Paket substantiell vereinfacht. Das ist eine direkte Reaktion auf das Feedback von Unternehmen und Beratern zur ursprünglichen Komplexität der Standards.
Die Zahl der verpflichtenden Disclosure Requirements wurde spürbar reduziert. Besonders kleine und mittlere Unternehmen sowie Erstanwender profitieren davon. Konkret bedeutet das:
Weniger granulare Einzeldaten in den ersten Berichtsjahren
Fokus auf wesentliche Nachhaltigkeitsthemen statt umfassende Datenerhebung zu allen Bereichen
Pragmatischere Anforderungen an die Datenqualität in der Aufbauphase
Für die Berichtsjahre 2025 und 2026 können Unternehmen von bestimmten Angaben absehen, insbesondere bei:
ESRS E4 (Biologische Vielfalt und Ökosysteme): Die Biodiversitätsberichterstattung ist anspruchsvoll und methodisch noch nicht ausgereift. Die zeitweise Aussetzung gibt Zeit für bessere Datengrundlagen.
Mehrere Sozialstandards (ESRS S1-S4): Auch hier greifen Erleichterungen, da die Datenerfassung zu Arbeitsbedingungen in der Lieferkette komplex ist. Details zur Nachhaltigkeits-Due-Diligence in Lieferketten findet ihr in unserem separaten Leitfaden.
Die Schwellenwerte, ab wann Unternehmen berichtspflichtig werden, wurden angehoben. Zusätzlich gelten für Unternehmen bis 750 Beschäftigte weitere Erleichterungen – und diese wurden teilweise auch auf größere Unternehmen in den ersten Berichtsjahren ausgeweitet.
Das Omnibus-Paket ist ein pragmatischer Kompromiss: Es hält am Grundsatz der umfassenden Nachhaltigkeitstransparenz fest, reduziert aber den initialen Umsetzungsaufwand erheblich.
ESRS steht für European Sustainability Reporting Standards – ein Framework, das die Europäische Kommission im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) entwickelt hat. Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) war federführend bei der Erarbeitung dieser Berichtsstandards. Unternehmen müssen die Auswirkungen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette bewerten und offenlegen.
Die ESRS sind Teil des European Green Deal, der bis 2050 Klimaneutralität für die EU anstrebt. Sie bauen auf bestehenden Rahmenwerken wie der Global Reporting Initiative (GRI) und den UN Sustainable Development Goals (SDGs) auf, gehen aber deutlich über diese hinaus.
Im Unterschied zu freiwilligen Standards wie der GRI sind die ESRS Teil der EU-Gesetzgebung und damit verbindlich für alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD. Das macht sie zu einem fundamentalen Instrument der europäischen Nachhaltigkeitspolitik.
Die CSRD definiert, wer berichten muss. Die ESRS definieren, wie berichtet werden muss. Beide sind untrennbar miteinander verbunden:
Die CSRD erweitert den Kreis berichtspflichtiger Unternehmen massiv gegenüber der alten Non-Financial Reporting Directive (NFRD)
Die ESRS schaffen einen einheitlichen europäischen Standard, der die bisherige Fragmentierung nationaler Ansätze überwindet
Gemeinsam bilden sie den Rahmen für die CSRD-Berichterstattung, die ab 2025/2026 (bzw. nach Stop-the-Clock ab 2027/2028) greift
Aus strategischer Sicht bieten die ESRS drei zentrale Vorteile:
1. Transparenz als Wettbewerbsvorteil: In einer Geschäftswelt, in der ESG-Kriterien zunehmend Finanzierungs- und Geschäftsentscheidungen beeinflussen, ist ESRS-konforme Berichterstattung ein Türöffner.
2. Risikomanagement: Die strukturierte Erfassung von Nachhaltigkeitsrisiken – von Klimarisiken bis zu Menschenrechtsrisiken – verbessert eure Resilienz. Mehr dazu in unserem Artikel zur Klimarisikoanalyse.
3. Stakeholder-Relations: Investoren, Kunden und Mitarbeiter erwarten zunehmend glaubwürdige Nachhaltigkeitsinformationen. Die ESRS liefern den Standard dafür.
Die ESRS gliedern sich in übergreifende Standards und themenspezifische Standards. Dieser modulare Aufbau erlaubt es, die Berichterstattung auf die wesentlichen Themen des jeweiligen Unternehmens zu fokussieren.
ESRS 1 definiert die grundlegenden Prinzipien der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Hier wird festgelegt:
Wie die doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen ist (Inside-Out und Outside-In Perspektive)
Welche Berichtsstruktur einzuhalten ist
Wie mit Unsicherheiten und Schätzungen umzugehen ist
Welche Konsolidierungsgrundsätze gelten
ESRS 1 ist verpflichtend für alle berichtspflichtigen Unternehmen und bildet die methodische Grundlage.
ESRS 2 fordert Basisinformationen über Governance, Strategie und Geschäftsmodell in Bezug auf Nachhaltigkeit:
Beschreibung des Geschäftsmodells und der Wertschöpfungskette
Governance-Strukturen für Nachhaltigkeitsthemen
Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen (Material IROs)
Stakeholder-Engagement-Prozesse
Auch ESRS 2 ist für alle Unternehmen verpflichtend und bildet den Kontext für die themenspezifischen Standards.
Die fünf Umweltstandards decken die wesentlichen ökologischen Themen ab:
ESRS E1 Klimawandel: Der umfangreichste Standard mit Anforderungen zu Scope 1, 2 und 3 Emissionen, Klimarisiken und -chancen, Übergangsplan zur Klimaneutralität. Besonders relevant ist die Pflicht, über Science Based Targets zu berichten. Details zur CO2-Bilanzierung nach GHG Protocol haben wir separat aufbereitet.
ESRS E2 Verschmutzung: Luftverschmutzung, Wasser- und Bodenverschmutzung, Chemikalien und Abfall.
ESRS E3 Wasser- und Meeresressourcen: Wasserverbrauch, Abwasser, Auswirkungen auf aquatische Ökosysteme.
ESRS E4 Biologische Vielfalt und Ökosysteme: Impact auf Biodiversität, Landnutzung, Schutz von Ökosystemen. Hier greifen die Omnibus-Erleichterungen für die ersten Berichtsjahre. Für VC-Investoren ist unser Artikel zu Biodiversität in ESG-Strategien relevant.
ESRS E5 Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft: Rohstoffverbrauch, Abfallmanagement, Circular-Economy-Ansätze.
Die vier Sozialstandards adressieren verschiedene Stakeholder-Gruppen:
ESRS S1 Eigene Belegschaft: Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung, Vielfalt und Chancengleichheit, Gesundheit und Sicherheit. Für viele Unternehmen der umfangreichste Sozialstandard.
ESRS S2 Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette: Fokus auf Lieferanten und Subunternehmer, besonders relevant für Unternehmen mit komplexen globalen Lieferketten.
ESRS S3 Betroffene Gemeinschaften: Lokale Auswirkungen auf Gemeinden, indigene Völker und vulnerable Gruppen.
ESRS S4 Verbraucher und Endnutzer: Produktsicherheit, Datenschutz, verantwortungsvolle Vermarktung.
Die Sozialstandards sind methodisch oft herausfordernder als die Umweltstandards, da qualitative Bewertungen und Stakeholder-Befragungen erforderlich sind.
ESRS G1 Unternehmensfüh rung: Ethische Geschäftspraktiken, Korruptionsbekämpfung, politisches Engagement, Beziehungen zu Lieferanten. Dieser Standard ist besonders relevant für Due-Diligence-Prozesse und Compliance-Management.
Das Konzept der doppelten Wesentlichkeit (Double Materiality) ist zentral für die ESRS und unterscheidet sie von bisherigen Berichtsansätzen. Unternehmen müssen bewerten, wie sie von Nachhaltigkeitsthemen beeinflusst werden und wie sie selbst die Umwelt und Gesellschaft beeinflussen.
Impact Materiality (Inside-Out): Welche Auswirkungen hat euer Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft? Beispiel: CO2-Emissionen aus eurer Produktion tragen zum Klimawandel bei.
Financial Materiality (Outside-In): Welche Nachhaltigkeitsthemen beeinflussen eure finanzielle Performance? Beispiel: Regulatorische CO2-Preise erhöhen eure Produktionskosten.
Ein Thema ist wesentlich, wenn mindestens eine der beiden Perspektiven erfüllt ist. In der Praxis sind viele Themen in beide Richtungen wesentlich. Unser CSRD Materiality Screening hilft bei der ersten Einschätzung.
Die Wesentlichkeitsanalyse ist kein einmaliger Compliance-Akt, sondern sollte strategisch angelegt sein:
Stakeholder systematisch einbinden (Mitarbeiter, Kunden, Investoren, NGOs)
Risiken und Chancen über verschiedene Zeithorizonte betrachten (kurz-, mittel-, langfristig)
Sowohl qualitative als auch quantitative Bewertungsmethoden nutzen
Die Ergebnisse in die strategische Planung integrieren
Nach unserer Erfahrung liefert eine gut durchgeführte Wesentlichkeitsanalyse echte Business Insights, die über die Berichterstattung hinaus wertvoll sind. Sie deckt oft blinde Flecken im Risikomanagement auf und identifiziert neue Geschäftschancen.
Bevor ihr mit der Datenerfassung beginnt, solltet ihr klären:
Wer ist im Konsolidierungskreis? Welche Tochtergesellschaften und Joint Ventures fallen unter die Berichtspflicht?
Welche Daten sind bereits verfügbar? Wo gibt es Lücken?
Welche internen Stakeholder müssen eingebunden werden? (Controlling, HR, Einkauf, Produktion, IT)
Welches Budget steht zur Verfügung? Welche Ressourcen (Personal, Software, externe Beratung) werden benötigt?
Ein strukturiertes Projektmanagement ist essentiell. Die ESRS-Berichterstattung ist ein unternehmensweites Vorhaben, kein reines Nachhaltigkeits-Projekt.
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse sollte methodisch sauber durchgeführt werden:
Identifikation potentiell wesentlicher Themen aus allen ESRS-Bereichen
Bewertung der Impact Materiality durch Experteninterviews und Datenanalyse
Bewertung der Financial Materiality durch Risikoanalyse und Finanzmodellierung
Stakeholder-Befragungen zur Validierung
Dokumentation und Management-Approval
Das Ergebnis ist eine Liste wesentlicher Themen, für die ihr detailliert berichten müsst, und nicht-wesentlicher Themen, für die ihr nur begründen müsst, warum sie nicht wesentlich sind.
Für die wesentlichen Themen müsst ihr strukturiert Daten erfassen:
Quantitative Daten: CO2-Emissionen, Energieverbrauch, Wasserverbrauch, Abfallmengen, Unfallzahlen, Diversitätskennzahlen etc. Hier ist die Integration mit bestehenden Management-Systemen (ERP, Umweltmanagementsysteme) wichtig.
Qualitative Informationen: Richtlinien, Governance-Strukturen, Maßnahmen und Programme, Ziele und KPIs. Diese erfordern oft neue Dokumentationsprozesse.
Ein robustes Datenmanagement ist kritisch. Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand für:
Datenqualitätssicherung und Plausibilitätsprüfungen
Lückenanalyse und Schätzverfahren
Dokumentation von Annahmen und Berechnungsmethoden
Interne Kontrollsysteme für ESG-Daten
Der Nachhaltigkeitsbericht muss gemäß ESRS strukturiert sein und alle geforderten Datenpunkte enthalten. Die externe Prüfung (Limited Assurance, später Reasonable Assurance) stellt hohe Anforderungen an die Dokumentation. Die Nachhaltigkeitsinformationen sind Teil des Geschäftsberichts und unterliegen einer externen Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer.
Best Practices aus unserer Beratung:
Beginnt früh mit internen Reviews, um Fehler vor der externen Prüfung zu identifizieren
Bezieht euren Wirtschaftsprüfer frühzeitig ein – viele Kanzleien bauen gerade erst ESRS-Expertise auf
Plant ausreichend Zeit für Iterationen ein – der erste ESRS-Bericht ist immer ein Lernprozess
Nutzt Benchmark-Berichte anderer Unternehmen eurer Branche zur Orientierung
Die größte Herausforderung ist oft die Datenqualität, besonders bei Scope 3 Emissionen und Lieferkettendaten. Pragmatische Ansätze:
Nutzt anerkannte Schätzverfahren und Branchen-Durchschnitte, wo Primärdaten fehlen
Dokumentiert Annahmen transparent und plant kontinuierliche Verbesserung
Fokussiert auf die wesentlichsten Datenpunkte – Qualität vor Quantität
Nutzt digitale Tools für die Datenerfassung, um manuelle Fehler zu minimieren
Unser Scope 3 Quick Check hilft bei der Priorisierung der Scope-3-Kategorien.
ESRS-Berichterstattung bindet erhebliche Ressourcen. Strategien zur Effizienzsteigerung:
Nutzt die Omnibus-Erleichterungen voll aus – berichtet nur, was wirklich gefordert ist
Automatisiert Datenerfassung wo möglich (z.B. Energiedaten aus Gebäudemanagementsystemen)
Nutzt bestehende Prozesse (z.B. ISO 14001, ISO 50001) als Grundlage
Erwägt externe Unterstützung für Spezialthemen (z.B. Biodiversität, Menschenrechts-Due-Diligence)
ESRS-Berichterstattung darf kein Silo-Projekt der Nachhaltigkeitsabteilung sein. Erfolgsfaktoren:
Top-Management-Commitment sicherstellen – idealerweise auf Vorstandsebene
Klare Rollen und Verantwortlichkeiten definieren
Bereichsübergreifende Arbeitsgruppen etablieren
Regelmäßige Abstimmung mit Controlling und Risikomanagementsicherstellen
Für junge Unternehmen sind die ESRS oft noch nicht direkt anwendbar (Schwellenwerte), aber strategisch relevant:
Investoren fragen zunehmend nach ESG-Daten in Due-Diligence-Prozessen
Großkunden verlangen ESRS-konforme Lieferantendaten
Frühzeitiger Aufbau von ESG-Strukturen erleichtert spätere Compliance
Unser Leitfaden zur ESG-Strategie für Startups zeigt, wie ihr skalierbare Prozesse aufbaut.
Mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, limitierte Ressourcen optimal einzusetzen:
Fokussiert auf eure wesentlichen Themen – vermeidet "Boil the Ocean"
Nutzt den VSME-Standard zur Vorbereitung, wenn ihr noch nicht direkt CSRD-pflichtig seid
Kooperiert mit Branchen-Initiativen für gemeinsame Lösungen (z.B. branchenspezifische Scope-3-Faktoren)
Seht ESRS als Chance, eure Nachhaltigkeitsperformance systematisch zu verbessern
Für große Unternehmen ist die Herausforderung oft die Komplexität:
Konsolidierung über mehrere Länder und Geschäftsbereiche
Harmonisierung unterschiedlicher bestehender Reporting-Systeme
Koordination mit anderen Berichtspflichten (z.B. TCFD, CDP, GRI)
Management von Lieferketten-Daten bei tausenden Lieferanten
Hier ist ein strukturiertes Change-Management essentiell, oft unterstützt durch ESG-Software-Plattformen.
Für Investoren sind die ESRS aus mehreren Perspektiven relevant:
Portfolio-Management: Ihr müsst verstehen, welche Portfolio-Unternehmen wann berichtspflichtig werden und wie ihr sie unterstützen könnt.
Due Diligence: ESRS-Readiness wird zum Standard-Bewertungskriterium in ESG-Due-Diligence. Unser ESG Investment Quick Check hilft bei der ersten Einschätzung.
Fund-Level-Reporting: Article-8/9-Fonds müssen selbst nach SFDR berichten und sollten ESRS-konsistente Daten nutzen. Details in unserem Artikel zu Impact Carry und ESG-Integration im VC.
Value Creation: ESRS-konforme Nachhaltigkeitssteuerung kann Exit-Multiples positiv beeinflussen, da strategische Käufer und Nachfolge-Investoren zunehmend auf ESG-Readiness achten.
Die EFRAG arbeitet an sektorspezifischen ESRS für Branchen wie Automobil, Energie, Landwirtschaft oder Finanzdienstleistungen. Diese werden die allgemeinen Standards ergänzen und detailliertere Anforderungen stellen.
Der VSME-Standard (Voluntary Standard for non-listed SMEs) ist bereits publiziert und bietet eine vereinfachte Alternative. Zusätzlich entwickelt die EU Standards für Nicht-EU-Unternehmen (ESRS LSME für Listed SMEs).
Ab 2028 müssen Nachhaltigkeitsberichte im ESEF-Format (European Single Electronic Format) mit maschinenlesbaren Tags versehen werden. Das erhöht die Vergleichbarkeit, stellt aber technische Anforderungen an die Berichterstellung.
Die ESRS sind mit den IFRS Sustainability Disclosure Standards (entwickelt vom ISSB) abgestimmt, aber nicht identisch. Die EU hat bewusst strengere Standards gewählt, besonders bei der doppelten Wesentlichkeit. Global agierende Unternehmen müssen beide Frameworks bedienen können.
Die externe Prüfung wird schrittweise von Limited Assurance auf Reasonable Assurance umgestellt – also auf das gleiche Niveau wie die Finanzberichtsprüfung. Das erhöht die Anforderungen an Kontrollsysteme und Datenqualität massiv.
ESRS sind die European Sustainability Reporting Standards – verbindliche EU-Berichtsstandards für Nachhaltigkeit. Sie definieren, welche ESG-Informationen Unternehmen offenlegen müssen, die der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) unterliegen. Die ESRS wurden von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt und 2023 von der EU-Kommission als Rechtsakt veröffentlicht.
Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) ist die EU-Richtlinie, die festlegt, welche Unternehmen nachhaltigkeitsbezogen berichten müssen. Die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) sind die konkreten Berichtsstandards, die definieren, wie berichtet werden muss – also welche Datenpunkte, Strukturen und Angaben erforderlich sind. CSRD ist das "Warum und Wer", ESRS ist das "Wie". Die CSRD verpflichtet Unternehmen in der EU, über Nachhaltigkeitsziele, -maßnahmen und aktuelle Auswirkungen zu berichten.
Verpflichtend für alle Unternehmen sind ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) und ESRS 2 (Allgemeine Angaben). Für die themenspezifischen Standards (ESRS E1-E5, S1-S4, G1) gilt das Wesentlichkeitsprinzip: Ihr müsst nur zu den Themen detailliert berichten, die in eurer doppelten Wesentlichkeitsanalyse als wesentlich identifiziert wurden. Allerdings müsst ihr für nicht-wesentliche Themen begründen, warum sie nicht wesentlich sind. Die Wesentlichkeitsanalyse bestimmt, welche Kapitel der ESRS in den Nachhaltigkeitsbericht aufgenommen werden müssen.
Durch das Omnibus-Paket gibt es zusätzlich Erleichterungen: In den ersten Berichtsjahren (2025-2026) können bestimmte Angaben, insbesondere zu ESRS E4 (Biodiversität) und mehreren Sozialstandards, optional sein.
Die 12 ESRS gliedern sich in:
Die 12 ESRS gliedern sich in: * 2 übergreifende Standards: ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) und ESRS 2 (Allgemeine Angaben) * 5 Umweltstandards: ESRS E1 (Klimawandel), E2 (Verschmutzung), E3 (Wasser- und Meeresressourcen), E4 (Biologische Vielfalt und Ökosysteme), E5 (Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft) * 4 Sozialstandards: ESRS S1 (Eigene Belegschaft), S2 (Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette), S3 (Betroffene Gemeinschaften), S4 (Verbraucher und Endnutzer) * 1 Governance-Standard: ESRS G1 (Unternehmensführung). Die 12 ESRS müssen von allen Unternehmen eingehalten werden, die der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) unterliegen.
Das hängt von Unternehmensgröße und -typ ab. Nach der Stop-the-Clock-Verschiebung:
Große Unternehmen (bereits NFRD-pflichtig): Berichtsjahr 2024, Veröffentlichung 2025
Große Unternehmen (neu pflichtig): Berichtsjahr 2027, Veröffentlichung 2028
Börsennotierte KMU: Berichtsjahr 2028, Veröffentlichung 2029
Die genauen Schwellenwerte finden sich in der CSRD und wurden durch das Omnibus-Paket teilweise angepasst.
Der Aufwand variiert stark je nach Unternehmensgröße, Branche und Vorbereitung. Aus unserer Projekterfahrung:
Erstmalige Wesentlichkeitsanalyse: 2-4 Monate mit 0,5-2 FTE
Aufbau Datenmanagementsystem: 4-8 Monate mit 1-3 FTE
Erstellung des ersten Berichts: 3-6 Monate mit 2-4 FTE
Externe Prüfung: zusätzlich 1-2 Monate
Nach dem ersten Jahr sinkt der Aufwand deutlich, da Prozesse etabliert sind. Die Omnibus-Erleichterungen reduzieren den Aufwand in den ersten Jahren zusätzlich.
Es gibt verschiedene ESG-Software-Plattformen, von umfassenden Enterprise-Lösungen (z.B. SAP Sustainability Control Tower, Workiva) bis zu spezialisierten CSRD-Tools (z.B. Sustainalize, right°, Greenomy). Die Wahl hängt von eurer Unternehmensgröße, bestehenden IT-Systemen und dem Budget ab.
Viele Unternehmen starten mit Excel-basierten Lösungen für die erste Berichterstattung und migrieren dann zu professioneller Software, wenn die Anforderungen steigen.
Ja, externe Unterstützung ist sinnvoll, besonders für:
Methodische Unterstützung bei der Wesentlichkeitsanalyse
Spezialthemen (z.B. Klimarisiko-Modellierung, Biodiversitätsbewertung)
Aufbau von Governance-Strukturen
Quality Assurance vor der externen Prüfung
Wichtig ist, dass ihr das interne Know-how aufbaut – ESRS-Berichterstattung ist ein jährlicher Prozess, der intern getragen werden muss.
Wenn ihr bereits nach GRI oder anderen Standards berichtet, könnt ihr aufbauen:
GRI-Daten sind oft mit ESRS kompatibel (aber ESRS ist detaillierter)
Bestehende Stakeholder-Dialoge können für die Wesentlichkeitsanalyse genutzt werden
Governance-Strukturen und Richtlinien müssen eventuell erweitert werden
Wenn ihr bereits nach GRI oder anderen Standards berichtet, könnt ihr aufbauen: * GRI-Daten sind oft mit ESRS kompatibel (aber ESRS ist detaillierter) * Bestehende Stakeholder-Dialoge können für die Wesentlichkeitsanalyse genutzt werden * Governance-Strukturen und Richtlinien müssen eventuell erweitert werden. Der größte Unterschied: ESRS verlangt eine integrierte Berichterstattung im Lagebericht, nicht nur einen separaten Nachhaltigkeitsbericht. Nachhaltigkeitsberichte werden rechtlich und inhaltlich mit der Finanzberichterstattung gleichgestellt.
Als unabhängiger Nachhaltigkeitsberater mit über 15 Jahren Erfahrung und mehr als 300 abgeschlossenen Projekten biete ich praxisorientierte Unterstützung bei der ESRS-Umsetzung:
Strategische Beratung: Wir helfen euch, ESRS nicht nur als Compliance-Aufgabe zu sehen, sondern als strategisches Instrument für Risikomanagement, Stakeholder-Relations und Wettbewerbspositionierung.
Methodische Expertise: Von der doppelten Wesentlichkeitsanalyse über Klimarisikoanalysen bis zur Scope-3-Bilanzierung – wir kennen die methodischen Herausforderungen und pragmatische Lösungen.
Praxisorientierte Umsetzung: Wir entwickeln keine theoretischen Konzepte, sondern arbeiten mit euch an der operativen Umsetzung. Das schließt Datenmanagement, Prozessdesign und Change Management ein.
Investoren-Perspektive: Durch meine Erfahrung im Impact-Investment-Bereich bringe ich die Perspektive von VCs und Investoren ein – besonders wertvoll für Startups und VC-Portfolios.
Interessiert an einem Austausch? Kontaktiert mich für ein unverbindliches Erstgespräch.
Für einen tieferen Einstieg in spezifische ESRS-Themen empfehle ich folgende Artikel:
Umfassender technischer Leitfaden zu den ESRS-Standards – für Sustainability Manager, die tiefer einsteigen wollen
CSRD-Bericht 2025: Inhalte, Fristen und Umsetzung – Überblick über die CSRD-Anforderungen
Omnibus-Paket 2025: Was sich bei der CSRD wirklich ändert – Details zu den Vereinfachungen
Doppelte Wesentlichkeitsanalyse: Definition, Ablauf und Best Practice – Methodischer Deep Dive
CO2-Bilanz erstellen: Methoden, Tools und Best Practices – Für ESRS E1 (Klimawandel)
Kostenlose Quick Checks zur Selbsteinschätzung:
Dieser Artikel basiert auf folgenden offiziellen Quellen:
European Commission (2023): Commission Delegated Regulation (EU) 2023/2772 supplementing Directive 2013/34/EU as regards sustainability reporting standards. Official Journal of the European Union.
EFRAG (2023): European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Set 1 Standards. Verfügbar unter: https://www.efrag.org/en/activities/sustainability-reporting
European Commission (2025): Omnibus Package – Simplification of CSRD reporting requirements. Proposal for amendments to Delegated Regulation (EU) 2023/2772.
European Parliament and Council (2022): Directive (EU) 2022/2464 amending Regulation (EU) No 537/2014, Directive 2004/109/EC, Directive 2006/43/EC and Directive 2013/34/EU, as regards corporate sustainability reporting (CSRD). Official Journal of the European Union.
EFRAG (2024): Study on early implementation of ESRS: Insights from selected EU companies. EFRAG Research Paper.
Stand der Informationen: November 2025. Aufgrund der dynamischen Entwicklung der ESG-Regulierung empfehlen wir, aktuelle Updates direkt bei EFRAG und der EU-Kommission zu verfolgen.
ESG- und Nachhaltigkeitsberater mit Spezialisierung auf CSRD, VSME und Klimarisikoanalysen. 300+ Projekte für Unternehmen wie Commerzbank, UBS und Allianz.
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